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Verena

Tipps & Tricks

Komposition der Handlung – Methoden zur Handlungsentwicklung

März 19, 2016 • von

Heute startet die Serie »Komposition der Handlung«, mit der ich mich in den nächsten drei Blogposts beschäftigen werde. Im heutigen Beitrag möchte ich euch deshalb verschiedene Methoden der Handlungsentwicklung vorstellen. Im April werde ich euch etwas über kompositorische Mittel und verschiedene Plotmodelle berichten und im Mai wird es schließlich um die Möglichkeiten der Verknüpfung der Szenen gehen.

In meinem Beitrag zum Thema »Plot« hab ich euch bereits einiges zum Aufbau der Handlung erzählt. Unter anderem, dass die Suche nach der Antwort auf die zentrale dramatische Frage den Leser durch die Handlung führt und dass Ziele und Konflikte die Figuren in Bewegung halten. Auch wie Anfang, Mitte und Ende gestaltet sein sollten, habe ich in dem Beitrag berichtet. Wenn es jedoch darum geht, eine Geschichte zu schreiben, die logisch aufgebaut und in sich geschlossen ist, kann es hilfreich sein, eine Handlung zu entwickeln. Die Planung der Handlung hatte ich am Ende meines Plot-Beitrags bereits kurz angeschnitten. Heute möchte ich hierzu etwas mehr ins Detail gehen.

Was bedeutet »Komposition der Handlung«?

Der Begriff »Komposition« wird gebraucht, um zu beschreiben, wie ein Autor seine Geschichte aufgebaut hat. Er wird vor allem in der Epik verwendet. Autoren haben für den Aufbau bzw. die Planung der Handlung verschiedene Möglichkeiten und Methoden zur Auswahl – einige davon möchte ich euch hier vorstellen.

1. Die Snowflake-Methode

Die Snowflake-Methode wurde vom Autor Randy Ingermanson erfunden. Die Methode heißt so, da die Technik an das Aussehen einer Schneeflocke erinnert. So wie sich eine Schneeflocke von innen nach außen immer weiter auffächert, wird auch bei seiner Technik die Romanhandlung Stufe für Stufe immer weiter heruntergebrochen, bis sich eine komplexe, ausgereifte Romanhandlung ergibt.

Die Methode umfasst zehn Arbeitsschritte, die sich wie folgt zusammensetzen:

1) Die Geschichte wird in einem einzigen Satz zusammengefasst.
2) Nun folgt eine Zusammenfassung der Geschichte in einem Absatz mit fünf Sätzen.
3) Für jede wichtige Figur wird ein Blatt zur Hand genommen und Folgendes festgehalten: Name der Figur, Zusammenfassung »ihrer« Geschichte innerhalb der Erzählung in einem einzigen Satz, Motivation, Ziel, Konflikte und wie sie sich im Laufe der Handlung ändern wird. Nun folgt nochmals eine Zusammenfassung der Geschichte dieser Figur in einem Satz, falls sie sich im Laufe dieser Überlegungen geändert hat.
4) Die fünf Sätze aus 2) werden zu fünf Absätzen erweitert. Der ganze Text sollte jedoch nicht mehr als eine Seite umfassen.
5) Nun werden die Haupt- und Nebenfiguren im Hinblick auf ihre Biografie und Persönlichkeit beschrieben. Für die Hauptfiguren wird eine Seite veranschlagt, für die Nebenfiguren je eine halbe Seite.
6) Die Zusammenfassung aus 4) wird auf vier Seiten erweitert bzw. detaillierter ausgeführt.
7) Nun wird alles aufgeschrieben, was man über die Figuren weiß. Besonderen Wert sollte auf die Veränderung der Figur gelegt werden, die sie während der Geschichte durchmacht.
8) Jetzt wird die Zusammenfassung der Handlung erneut zur Hand genommen, um die einzelnen Szenen aufzulisten, aus denen sich die Handlung zusammensetzen wird. Hier können bereits Stichpunkte zum Inhalt der einzelnen Szenen und zur Perspektive gemacht werden.
9) Dieser Arbeitsschritt ist freiwillig. Hier kann zu jeder Szene eine Zusammenfassung geschrieben werden, mit allem, was einem zu diesem Zeitpunkt zu der Szene einfällt.
10) Nun kann endlich die erste Fassung der Geschichte niedergeschrieben werden!

Wie ihr seht, sind die verschiedenen Arbeitsschritte recht zeitintensiv. Es kann also sein, dass bis zum letzten Schritt bereits mehrere Wochen oder sogar Monate vergangen sind.

Diese Methode eignet sich übrigens nur, wenn ihr bereits die grobe Handlung und die Figuren im Kopf habt. Als Kreativtechnik zur Ideenfindung ist sie nicht geeignet.

2. Das Stufendiagramm nach Elizabeth George

Elizabeth George ist eine amerikanische Krimi-Autorin, die durch ihre Inspector-Lynley-Romane bekannt wurde. In Ihrem Schreibratgeber »Wort für Wort – oder Die Kunst, ein gutes Buch zu schreiben« verweist sie immer wieder auf das Stufendiagramm, mit dem Sie arbeitet, um die Handlung ihrer Geschichten zu planen. Sie beschreibt es als eine Liste von Szenen, die sie anlegt, bevor sie ihren Roman schreibt.

Ein Stufendiagramm ist im Grunde also nichts anderes als eine detaillierte Aufstellung der Szenen, die in der Geschichte vorkommen sollen oder könnten. Hier können bereits erste Details in Stichworten notiert werden, damit diese später nicht vergessen gehen. Manche Autoren schreiben sogar bereits sehr viele Einzelheiten hinein, andere legen ihr Stufendiagramm nur skizzenhaft und dürftig an.

Im nächsten Schritt schreibt Elizabeth George dann für jede Szene einen detaillierten Handlungsentwurf. Hierbei sammelt sie so viele Informationen über die Szene wie möglich, gibt sich selbst Anweisungen, worauf sie zu achten hat, und erarbeitet sich somit eine Vorlage, auf deren Grundlage sie schließlich die eigentliche Geschichte niederschreibt.

3. Karteikarten oder einzelne Blätter

Eine weitere Möglichkeit, die Handlung und alle möglichen Einzelheiten der Geschichte festzuhalten, sind Karteikarten oder einzelne Blätter. Der Vorteil hieran ist, dass man sie leicht hin und her schieben kann, um die richtige oder passendste Reihenfolge zu finden – denn nur mit der logischen Reihenfolge wird die Handlung später für den Leser nachvollziehbar. Außerdem kann man mit ihnen einzelne Elemente der Geschichte gesondert betrachten und Beziehungen zwischen ihnen herstellen.

Für jede Szene wird also ein Blatt oder eine Karteikarte angelegt. Hier notiert man auch das Ziel der Szene, die Erzählperspektive, das Problem, den Konflikt und eventuell auch die Gefühle und Gedanken des Protagonisten. Danach kann man die Karten oder Blätter beliebig verschieben, bis es passt, und beginnen, die Geschichte niederzuschreiben. Die Anordnung der einzelnen Szenen im Vorhinein verhindert, dass man erst nach Hunderten geschriebener Seiten bemerkt, wenn etwas mit der Handlung nicht stimmt.

Da Kreativität jedoch nicht nach Rezept funktioniert, solltet ihr euch für euren Handlungsaufbau eine eigene Methode zurechtlegen, die für euch funktioniert. Vielleicht ist es eine Mischung aus verschiedenen Methoden, vielleicht sogar eine ganz andere – denn es gibt noch tausende mehr, doch diese aufzuzeigen würde den Rahmen sprengen.

Bevor ich wusste, dass es diese verschiedenen Techniken und Methoden gibt, hatte ich mir bereits eine eigene angeeignet. Inzwischen weiß ich, dass es eine Mischung aus den oben genannten ist. Mein Medium ist dabei der PC, denn ich halte alle Ideen in Word-Dokumenten fest. Wenn ich mit einer Geschichte beginne, dann halte ich mich an einen roten Faden. Meist weiß ich dann schon, wer die Hauptperson ist, wo sie hinwill und wie die Geschichte ausgehen soll. Ich kenne den Anfang, einen Teil in der Mitte und das Ende – das ist mein roter Faden. Nur das »Dazwischen« ist mir meist noch unbekannt. Ich lege dann, wie oben beschrieben, eine Liste mit Szenen bzw. Kapiteln an und notiere mir grob den Inhalt. Danach beginne ich zu schreiben. Immer wenn mir während des Schreibprozesses etwas Neues einfällt, ein neuer Charakter oder eine Szene, die ich einbauen möchte, dann notiere ich dies ebenfalls in dem Word-Dokument mit meinem roten Faden. Ich habe festgestellt, dass dies am besten funktioniert, da ich mir so die Möglichkeit offenlasse, an der Handlung noch etwas herum zu doktern.

Wie ihr am Ende vorgehen möchtet, ist natürlich euch überlassen. Vielleicht kommt ihr besser klar, wenn ihr euch vorher alle Einzelheiten ausgedacht habt und euch beim Schreiben strikt daran haltet. Wie gesagt, jeder Autor ist anders. Wenn ihr ein wenig herumprobiert, dann findet ihr sicher bald eine Methode, die für euch funktioniert.

Nun wünsche ich euch viel Freude beim Ausprobieren der verschiedenen Methoden. Falls ihr bereits eine eigene Technik besitzt, dann schreibt mir doch, wie ihr beim Entwickeln eurer Handlung vorgeht. Ich freue mich, von euch zu hören!

Eure Verena


Nützliches Wissen für Autoren

VG Wort – Fluch oder Segen?

Februar 20, 2016 • von

Vor einiger Zeit bat mich einer meiner Blogleser darum, doch einmal etwas über die Vor- und Nachteile der VG Wort zusammenzutragen. Mein erster Gedanke dazu war: »VG Wort, was ist das?« Da ich mich mit diesem Thema überhaupt nicht auskannte, habe ich es erstmal beiseitegeschoben. Doch nun habe ich mich ein wenig eingelesen und mich entschlossen, dem Leserwunsch zu entsprechen. Deshalb wird es im heutigen Post um die VG Wort gehen.

Was ist die VG Wort?

Die Verwertungsgesellschaft Wort, kurz VG Wort, ist ein Rechtsfähiger Verein, der 1958 gegründet wurde und in dem sich Autoren und Verlage zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen haben. Sie steht unter der Staatsaufsicht des Deutschen Patent- und Markenamtes und stellt die angemessene Vergütung seiner Mitglieder – also der Autoren und Verlage – sicher.

Autoren und Verlage haben zwei Möglichkeiten, an den Ausschüttungen der VG Wort teilzunehmen: als Bezugsberechtigte (ohne Wahrnehmungsvertrag) oder als Wahrnehmungsberechtigte (mit Wahrnehmungsvertrag). In beiden Fällen ist die Teilnahme kostenlos.

Um Ausschüttungen in allen Bereichen zu erhalten, müssen Verlage und Autoren einen umfassenden Wahrnehmungsvertrag abschließen. Voraussetzungen für den Abschluss eines Wahrnehmungsvertrags ist die Staatsangehörigkeit in einem Land der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums oder der ständige Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.

Für Autoren aus den Bereichen »Wissenschaft« und »Texte im Internet« ist die Registrierung als Bezugsberechtigter ausreichend, das heißt, hier muss kein Wahrnehmungsvertrag abgeschlossen werden. Auch Verlage, die ausschließlich im Internet publizieren, können eine Registrierung als Bezugsberechtigte durchführen.
Wie die Registrierung genau funktioniert, könnt ihr auf der Website der VG Wort nachlesen.

Was macht die VG Wort genau?

Viele Autoren, Journalisten und Texter erzielen mit ihren Werken zwar ein Einkommen, doch dieses ist in vielen Fällen nicht so hoch, dass es zum Leben reicht. Denn das Einkommen hängt von vielen Faktoren ab, wie die Auflagenhöhe, die Leser- bzw. Käuferzahlen, die Werbeeinnahmen oder dem Bekanntheitsgrad des Autors.

Hier kommt die VG Wort ins Spiel. Denn zu den Aufgaben der Verwertungsgesellschaft gehört es, sicherzustellen, dass Autoren und auch Verlage eine angemessene Vergütung für ihre Werke erhalten. Außerdem kümmert sie sich darum, dass diejenigen, die die Werke anderer nutzen, entsprechende Abgaben leisten. Hierzu gehören Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Lesezirkel und Pressespiegel, die Werke nutzen, ausleihen, vermieten oder nachdrucken. Die Einnahmen, die die VG Wort erhält, werden einmal pro Jahr an die teilnehmenden Autoren und Verlage ausgeschüttet. Die genaue Höhe ergibt sich aus den Einnahmen der VG Wort und wird nach den Richtlinien der Verteilungspläne bestimmt, welche vom Verwaltungsrat festgelegt werden.

Vor- und Nachteile

Der große Vorteil ist, dass jeder Autor an den Ausschüttungen der Tantiemen beteiligt werden kann. Voraussetzung dafür ist, wie bereits erwähnt, der Abschluss eines umfassenden Wahrnehmungsvertrages. Ist dieser Vertrag einmal abgeschlossen, nimmt der Autor automatisch an den Ausschüttungen teil. Er muss lediglich Änderungen zum eigenen Namen, zum Pseudonym, zur Adresse, zu den verfassten Titeln usw. mitteilen.

Schwieriger sieht die Sache für diejenigen aus, die ihre Texte im Internet veröffentlichen. Seit 2007 gibt es auch für Betreiber von Websites und für Blogger die Möglichkeit, als Bezugsberechtigte an der Vergütung beteiligt zu werden. Doch der bürokratische Aufwand ist um einiges höher als für »normale« Autoren. Um eine Vergütung zu erhalten, müssen beispielsweise von der VG Wort vergebene Zählmarken in die jeweiligen Texte eingebaut werden, die vom Autor selbst verwaltet und im Folgejahr an die VG Wort gemeldet werden müssen. Das Ganze geschieht online über Formulare, die sich nur einzeln abarbeiten lassen. Hier gibt es bei der VG Wort also noch Verbesserungsbedarf.

Auch die Voraussetzungen, die Online-Texte erfüllen müssen, um vergütet zu werden, sind sehr hoch. Die Texte müssen über einen Mindestumfang von 1800 Zeichen verfügen, als geschriebener Text vorliegen (Sprachtexte in Videos und Audiodateien sind also ausgeschlossen) und dürfen nicht mit einem technischen Kopierschutz versehen sein.

Des Weiteren müssen die Texte innerhalb eines Kalenderjahres eine gewisse Anzahl an Zugriffen erhalten, hierfür muss in jeden Text eine (eigene) Zählmarke eingebaut werden. Der Wert, also die Anzahl der benötigten Zugriffe, wird von den Gremien der VG Wort bestimmt. Ohne mich selbst zu registrieren, konnte ich leider keine genauen Angaben über diesen Wert finden. Doch wenn man ein wenig im Internet danach sucht, findet man Angaben, die sich um die 1500 Zugriffe pro gemeldeten Text drehen.
Damit ein Text 1500 Zugriffe pro Jahr bekommt, muss er von ca. vier Besuchern am Tag gelesen werden. Das klingt erstmal wenig, aber wenn man einen Text erst im Laufe des Jahres erstellt und hochlädt, kann das schon etwas knapp werden.

Hat man die bürokratischen Hürden überstanden und seine Texte fristgerecht gemeldet, muss man sich dennoch weiterhin gedulden. Denn die Vergütung erfolgt erst im Herbst. Für einen Text, den man Anfang des Jahres erstellt hat, bedeutet dies also, dass man bis zum Herbst des Folgejahres auf die Vergütung warten muss, da man ja erst die Anzahl der Zugriffe des laufenden Kalenderjahres auswerten muss. Es lohnt sich also nur, wenn man wirklich sicher sein kann, dass man auf die vorgeschriebene Nutzeranzahl kommt.

Einen kleinen Vorteil bietet die sogenannte Sonderausschüttung. Diese greift, wenn man seinen Text auf einer fremden Website veröffentlicht hat. Ideal ist es, wenn der Betreiber der Website eine Zählmarke für den Text eingebaut hat. Da dies jedoch nicht immer der Fall ist, kann man seinen Text dann zur Sonderausschüttung bei der VG Wort anmelden.

Für Autoren kann die VG Wort in einigen Fällen also durchaus ein Segen sein, doch gerade für diejenigen, die ihre Texte online veröffentlichen, stellt das Meldesystem der VG Wort einen großen bürokratischen Aufwand dar. Zudem lohnt es sich für Blogger und Online-Journalisten nur, wenn ihre Texte genügend Klicks generieren bzw. ausreichend Leser erreichen. Wenn man jedoch die Voraussetzungen erfüllt, kann sich dieser Aufwand durchaus lohnen, denn dann kann man sich – sofern man einigen Quellen im Internet glauben darf – ein ordentliches Zubrot verdienen.

Ich hoffe, mit diesem Beitrag dem Leserwunsch ausreichend entsprochen zu haben. Wenn auch ihr euch einen Blogpost zu einem bestimmten Thema wünscht, dann könnt ihr mir dies gerne per E-Mail oder über mein Kontaktformular mitteilen. Ich freue mich, von euch zu hören!

Eure Verena


Tipps & Tricks

Die passende Erzählperspektive für deinen Text

Januar 22, 2016 • von

Für eine Erzählung, vor allem auch für längere Geschichten, ist es sehr wichtig, die passende Erzählperspektive zu wählen. Denn nicht jede Erzählperspektive eignet sich auch für jeden Text. Aus diesem Grund stelle ich euch heute die verschiedenen Arten des Erzählens vor und zeige euch, wie ihr die passende Perspektive für eure Geschichte findet.

Bevor ich auf die verschiedenen Erzähler zu sprechen komme, möchte ich hier noch kurz auf eine häufig vorkommende Verwechslung eingehen: Der Autor und der Erzähler sind nicht das Gleiche. Oft sind die Leser versucht, Autor und Erzähler in einen Topf zu werfen. Das kommt daher, dass man als Autor die Geschichte so real wie möglich verfassen möchte und dafür einen Erzähler wählt, der diese Realität am besten vorspiegeln kann. Doch auch wenn einige Autoren autobiografische Elemente in ihre Geschichten einfließen lassen, sind sie nicht automatisch die Erzähler der Geschichte. Der Erzähler ist die Stimme, die der Leser im Kopf hört, wenn er die Geschichte liest. Es kann sich dabei um eine Figur aus der Geschichte handeln oder um ein körperloses Wesen, das aus dem Off zum Leser spricht.

Für eine Geschichte stehen dem Autor verschiedene Erzähler zu Verfügung, die, je nach Intention des Textes, unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Es gibt den Ich-Erzähler, den personalen, den auktorialen und den neutralen Erzähler. Diese Gruppen lassen sich nochmals unterteilen und in den verschiedenen Geschichten unterschiedlich einsetzen. So bekommt jede Geschichte, manchmal sogar jedes Kapitel, eine ganz eigene Stimme, die den Leser einfängt und ihn in eine unbekannte Welt entführt. Und genau das soll der Erzähler: Er schlägt die Brücke zwischen dem Leser und den Figuren bzw. der Handlung in der Geschichte. Er erzeugt Nähe, aber auch Distanz. Mit dem Erzähler kann man als Autor also ganz bewusst steuern, wie nah der Leser den Figuren kommen soll.

1. Der Ich-Erzähler

Der Ich-Erzähler ist selbst Gegenstand der Geschichte und berichtet hautnah über alles, was vor sich geht. Wenn der Ich-Erzähler durch die Hauptfigur verkörpert wird, kann er dem Leser eine sehr intensive Innensicht der eigenen Person bieten, denn er weiß am besten, was er mag, was ihn beschäftig und wie es in ihm aussieht. Der Ich-Erzähler kann aber auch die Rolle des Beobachters oder Chronisten einnehmen, dies geschieht meist durch eine Nebenfigur.

Egal ob er eine Haupt- oder Nebenfigur ist, der Ich-Erzähler kann nicht über seinen Tellerrand hinausschauen. Er weiß nur so viel, wie er selbst sieht, was er erlebt und empfindet. Er kann weder in die Zukunft schauen, noch Vorausdeutungen machen oder wissen, was in anderen vorgeht. Dies solltet ihr beim Verfassen einer Geschichte in dieser Erzählperspektive also unbedingt beachten. Ein weiteres Merkmal des Ich-Erzählers ist seine ihm eigene Stimme. Die Wortwahl und der Tonfall müssen dem Ich-Erzähler voll und ganz entsprechen. Ist der Ich-Erzähler beispielsweise ein Kind, muss auch seine Stimme der eines Kindes entsprechen.

Eine Sonderform des Ich-Erzählers, in der einige der soeben beschriebenen Merkmale ausgehebelt werden, stellt das erzählende Ich dar. Es erzählt die Geschichte rückwirkend und ist allwissend in Bezug auf die Geschehnisse. In diesem Fall weist der Ich-Erzähler automatisch auch auktoriale Merkmale auf, die er sonst nicht besitzt.

Da der Ich-Erzähler einen eigenen Platz innerhalb der fiktiven Welt einnimmt und emotional eingebunden ist, eignet er sich besonders für Geschichten, in der die Hauptfigur innere Kämpfe austrägt. Wenn man verschiedene Ich-Erzähler innerhalb einer Geschichte verwendet, dann spricht man von der Multiperspektive. Hier kann die Situation entstehen, dass jeder Ich-Erzähler eine andere Variante der Geschichte erzählt und der Leser für sich entscheiden muss, welcher Version er Glauben schenkt. Um den Leser nicht zu verwirren, sollte man jedoch darauf achten, dass man den Wechsel zwischen den Ich-Erzählern deutlich macht, indem man beispielsweise über den Anfang des Kapitels den Namen des jeweiligen Erzählers schreibt.

Beliebte Textformen, in denen der Ich-Erzähler verwendet wird, sind vor allem Briefromane und Bücher in Tagebuchform.

2. Der personale Erzähler

Der personale Erzähler schlüpft in die Rolle einer oder mehrerer Figuren und erzählt die Geschichte aus deren Perspektive. Dies geschieht jedoch nicht in der Ich-Form, sondern in der 3. Person. Dennoch kann der personale Erzähler nur mit den Augen der gewählten Figur in die fiktionale Welt blicken. Der personale Erzähler sieht nicht mehr, hört nicht mehr, schmeckt nicht mehr und weiß nicht mehr als diese Figur. Alles Weitere sind Vermutungen, die diese Figur anstellt. Der Leser kann nicht von vornherein wissen, ob die Wahrnehmung der Figur nicht zum Beispiel durch eine Krankheit gestört ist. Als Leser muss man sich also immer fragen, ob das, was man durch den personalen Erzähler vermittelt bekommt, auch der Wahrheit entspricht.

Um Monotonie zu vermeiden, kann man auch hier die Multiperspektive einsetzen. Dabei berichtet der personale Erzähler aus der Sicht mehrere Figuren, wodurch der Leser die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt bekommt. Einer der Vorteile davon ist, dass man die Schauplätze leicht wechseln und unterschiedliche Meinungen gegenüberstellen kann. Man sollte jedoch darauf achten, den Wechsel zur nächsten Figur deutlich zu machen, so wie ich es auch schon bei der Multiperspektive des Ich-Erzählers erwähnt habe.

Der personale Erzähler eignet sich besonders für Geschichten, in denen die Handlung im Vordergrund steht und die sprachliche Gestaltung nicht so ausschlaggebend ist. Denn der personale Erzähler hält sich unauffällig im Hintergrund und lenkt nicht zu sehr von der Handlung ab.

3. Der auktoriale Erzähler

Der auktoriale Erzähler wird auch als allwissender Erzähler bezeichnet. Denn er weiß im Gegensatz zum Ich- und personalen Erzähler alles. Er kann in alle Figuren hineinblicken, kennt die Vergangenheit und Zukunft und kann dementsprechend Vorausdeutungen machen und Zusammenhänge erkennen, und diese dem Leser mitteilen. Er ist nicht Teil der Geschichte, sondern betrachtet das Geschehen von außen. Diese Perspektive gewährt euch als Autoren die größtmögliche Freiheit beim Schreiben. Allerdings schafft der allwissende Erzähler auch eine große Distanz zwischen dem Leser und den Figuren, denn er schaut mit dem Leser gemeinsam auf die Geschehnisse und die Figuren in der fiktiven Welt hinab. Dadurch identifiziert sich der Leser nicht so stark mit den Figuren, wie es bei anderen Erzählperspektiven der Fall ist. Um wieder etwas mehr Nähe aufzubauen, kann man vermehrt Szenen einstreuen, in denen die Figuren als Handelnde und Sprechende auftreten.

Die auktoriale Erzählperspektive eignet sich vor allem für Geschichten, in denen viele Figuren vorkommen und viel Stoff verarbeitet wird. Auch wenn einem diese Erzählperspektive große Freiheiten beim Schreiben gewährt, sollte man die Arbeit nicht unterschätzen, die dazu nötig ist, denn es ist gar nicht so einfach, sich allen Figuren und Schauplätzen gleichermaßen zu widmen. Manchmal kann eine Begrenzung also auch ein Segen sein.

4. Der neutrale Erzähler

Der neutrale oder auch objektive Erzähler beschreibt, was äußerlich wahrnehmbar ist. Er ist nicht nur unsichtbar, sondern verschmilzt geradezu mit dem Erzählten. Er ist wie eine Kamera, die das Geschehen aufnimmt, ohne zu kommentieren oder gar die Perspektive einer oder mehrerer Figuren einzunehmen. Er gibt die Fakten wieder und erzählt, was gesagt oder getan worden ist.

Der objektive Erzähler kennt also weder die Gedanken der Figuren, noch weiß er, was in ihnen vorgeht oder was sie empfinden. Deshalb muss der Autor dem Leser alle Informationen über den Hintergrund, den Konflikt, die Charaktere und deren Empfindungen durch Dialoge und durch die Handlung vermitteln. Der neutrale Erzähler bietet jedoch den Vorteil, dass die Geschichte sehr glaubhaft wirkt und schockierende Dinge noch wirkungsvoller sind, wenn sie kühl und nüchtern geschildert werden. Der Nachteil besteht aber darin, dass sich der Leser schlechter in die Figuren hineinversetzen und nicht so gut mit ihnen mitfühlen kann. Außerdem kann die neutrale Erzählweise bei längeren Geschichten anstrengend sein. Der objektive bzw. neutrale Erzähler eignet sich also vor allem für kürzere Werke, die besonders glaubhaft erscheinen sollen.

Sonderformen: Zweite-Person-Perspektive und Rollenprosa

Die Zweite-Person-Perspektive und die Rollenprosa sind zwei besondere Erzählformen, die es zwar gibt, aber nicht allzu häufig vorkommen.

Die Zweite-Person-Perspektive wird auch als Du-Perspektive bezeichnet, in welcher der Erzähler dem Du schildert, was es getan hat, so als ob man etwas rekapituliert oder jemandem etwas vorhält. Er spricht den Leser direkt an, wodurch dieser sich als Teil der Geschichte fühlt. Die Du-Perspektive kann auf die Dauer jedoch sehr anstrengend sein und den Leser nerven, weshalb man sich als Autor genau überlegen sollte, ob man diese Perspektive wirklich verwenden möchte.

Die Rollenprosa ist eine Sonderform der Ich-Erzählperspektive. Hier stehen die Persönlichkeit, die Tätigkeit und auch das Milieu des Ich-Erzählers im Mittelpunkt und werden vor allem durch die Sprache ausgedrückt. Der Ich-Erzähler muss hier also besonders stark sein und eine individuelle Sprache haben, die seine Persönlichkeit spiegelt. Da aus dem Kopf des Ich-Erzählers heraus erzählt wird, haben solche Geschichten meist den Klang eines Monologes bzw. einer mündlichen Erzählung.

Die richtige Perspektive wählen

Um herauszufinden, welche Erzählperspektive für eure Geschichte passt, solltet ihr euch zunächst fragen, worum es in eurer Geschichte geht. Steht eher die Handlung oder doch die Entwicklung der Figur im Mittelpunkt? Wer ist die Hauptfigur und wer sind die Nebenfiguren? Wie sind die Figuren beschaffen?

Bei handlungsorientierten Geschichten eignen sich der personale und der auktoriale Erzähler. Steht jedoch eine Figur und deren persönliche Entwicklung im Mittelpunkt, ist eventuell ein Ich-Erzähler die bessere Wahl. Bei der Darstellung unterschiedlicher Facetten, die sich nicht in einer Figur vereinen lassen, ist die Multiperspektive sinnvoll.

Dies sind jedoch nur Ratschläge, denn jede Geschichte ist individuell und kann nicht in eine Schublade gepackt werden. Wenn ihr jedoch feststellt, dass eine Geschichte nicht zu funktionieren scheint oder ihr nicht weiterkommt, kann es hilfreich sein, eine andere Erzählperspektive auszuwählen. Denn auch wenn es viel Arbeit macht, eine Geschichte komplett neu zu schreiben, lösen sich damit oft viele Probleme.

Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Experimentieren mit den unterschiedlichen Erzählperspektiven und hoffe, ihr könnt damit noch mehr aus euren Geschichten herausholen.

Eure Verena


Tipps & Tricks

Tagebuch schreiben für Autoren

Dezember 19, 2015 • von

Das Weihnachtsfest steht vor der Tür und wir nähern uns mit großen Schritten dem Jahreswechsel. Doch nicht nur die Natur verfällt so langsam in den Winterschlaf, auch wir sollten ein wenig zur Ruhe kommen und neue Kraft für das kommende Jahr sammeln. Um das Schreiben jedoch nicht vollkommen zu vernachlässigen und weiterhin im Schreibfluss zu bleiben, möchte ich euch heute ein Thema näherbringen, das weder Regeln noch Normen kennt und womit ihr euch frei entfalten könnt – das Tagebuch.

Das Führen eines Tagebuches ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Wir geben unsere Geheimnisse, Erfahrungen und Erlebnisse wider, schreiben uns den Frust oder Stress von der Seele und nehmen dabei kein Blatt vor den Mund. Doch es gibt nicht nur die eine Art, ein Tagebuch zu schreiben, auch wenn diese wahrscheinlich am häufigsten genutzt wird. Vielmehr gibt es so viele Arten, wie es Tagebuchschreiber gibt. Einige dieser Arten möchte ich euch hier vorstellen.

Bevor es losgeht: die Vorbereitung

Bevor ihr mit dem Tagebuchschreiben beginnen könnt, solltet ihr euch überlegen, wohinein ihr euer Tagebuch am besten schreibt. Wählt dabei die Variante, mit der ihr euch am wohlsten fühlt. Wer gerne am PC tippt, kann das Tagebuch als Datei führen. Wer es lieber klassisch mag, der sollte Stift und Papier zur Hand nehmen.

Wenn ihr euch für die klassische Variante entscheidet, dann habe ich hier einen besonderen Tipp für euch: Kauft euch ein billiges Notizbuch. Ja, wirklich. Ich weiß, es fällt schwer, sich im Laden für eine günstige und einfache Variante zu entscheiden, wenn in dem Regal wunderschön gestaltete Notizbücher darauf warten, gekauft zu werden. Doch aus persönlicher Erfahrung kann ich euch sagen, dass ihr die Luxusausgabe des Notizbuches nicht mit trivialen Alltagsgeschichten vollschreiben möchtet. Das teure, wunderschöne Notizbuch wird euch eher dazu verleiten, besonders gut schreiben zu wollen – doch das Tagebuch sollte dazu da sein, es hemmungslos vollzuschreiben, ohne auf Regeln zu achten. Rechtschreibfehler und krakelige Handschrift? Kein Problem. Durchgestrichene Sätze? Ebenfalls erlaubt. Schimpftiraden auf den Chef, den Lehrer, die Geschwister oder den nervigen Nachbar? Nur zu! In einem billigen Notizbuch wird es euch leicht fallen, alles frei von der Leber weg aufzuschreiben. Natürlich gebe ich euch hier nur meine eigene Erfahrung wider und es bleibt letztlich euch überlassen, für welches Notizbuch ihr euch entscheidet.

Schreibanlässe und Häufigkeit

Nun kommen wir zum wichtigen Teil: Was schreibt man in ein Tagebuch hinein? Das ist ganz euch überlassen. Wie bereits am Anfang erwähnt, gibt es keine Regeln für das Führen eines Tagebuches. Genauso wenig gibt es eine Vorgabe, wie häufig man Tagebuch schreiben sollte. Viele nutzen es nur gelegentlich, um Frust abzuladen, womit das Tagebuch auch schon eine seiner wichtigsten Funktionen erfüllt hat. Wenn man jedoch als Schriftsteller den Schreibfluss aufrechterhalten und eventuell ein wenig experimentieren möchte, dann ist eine gewisse Regelmäßigkeit wichtig. Die Frequenz reicht hier von täglich bis wöchentlich, sollte jedoch nicht in einen Zwang ausarten.

Auch wenn es keine Regeln für das Tagebuchschreiben gibt, so habt ihr doch verschiedene Möglichkeiten, es für Schreibübungen zu nutzen. Neben dem klassischen Bericht über das, was man erlebt hat, gibt es unzählige Anlässe, etwas aufzuschreiben:

Eine Möglichkeit besteht darin, ein Reisetagebuch zu führen. Hier schreibt ihr einfach alles auf, was ihr während einer Reise erlebt habt. Zusätzlich könnt ihr Fotos, Postkarten, Tickets, Quittungen oder sonstige Erinnerungsstücke dazulegen oder einkleben. So erhaltet ihr eine schöne Erinnerungsmappe. Ihr könnt eine Reise aber auch schriftlich festhalten, indem ihr kurze zusammenhanglose Skizzen verfasst, die eure Beobachtungen und Eindrücke einfangen. Ihr beschreibt dann beispielsweise die schöne Kirche, die ihr euch angesehen habt, den Eindruck, den die anderen Touristen hinterlassen haben oder die Kellnerin, die euch beim Abendessen bedient hat. In wenigen Sätzen eine kurze, individuelle Beobachtung festzuhalten, ist eine gute literarische Übung.

Ein Traumtagebuch zu führen, kann euch dabei helfen, etwas über euch selbst zu erfahren, und gleichzeitig bietet es euch die Möglichkeit, auf faszinierendes Material zu stoßen. Träume halten Figuren, Bilder und Handlungen bereit, die ihr euch so vielleicht nicht hättet ausdenken können. Um die Träume der Nacht aufschreiben zu können, empfiehlt es sich, einen Notizblock und Stift neben dem Bett bereitzulegen, sodass ihr, noch im Bett liegend, alles aufschreiben könnt, was euch in Erinnerung geblieben ist.

Interessant und lehrreich kann es auch sein, ein Projekttagebuch zu führen, also ein Projekt schriftlich festzuhalten und zu begleiten. Themen gibt es hier wie Sand am Meer: von der Schwangerschaft bis hin zum Hausbau ist alles möglich. Ihr notiert dabei die Pläne, haltet den Fortschritt des Projektes fest und könnt frühzeitig gezielt Ideen für die weiteren Schritte erarbeiten. So behaltet ihr nicht nur den Überblick über das Projekt, ihr könnt auch euer eigenes Handeln besser reflektieren und habt am Ende ein Erinnerungsbuch von der Zeit.

Eine weitere Art des Tagebuchschreibens besteht darin, Ideen, Gefühle, Gedanken, Beobachtungen und Erlebnisse festzuhalten, woraus ihr später eure Geschichten entwickeln könnt. Dieses Ideenbuch oder auch Schreibjournal wird dann, so oft es geht, mit Einzelheiten gefüttert. Dabei solltet ihr stets für alle Einfälle und Idee offenbleiben, ohne diese zu bewerten oder sie gleich als unbedeutend oder banal abzutun. Schreibt einfach zwanglos und spontan alles auf, was euch in den Sinn kommt, um Material für eure Texte zu gewinnen. Auch Bilder, Zeichnungen und Ausschnitte aus Zeitungen, Zeitschriften und Prospekten sind es Wert, ins Journal aufgenommen zu werden, denn sie beleben die Fantasie und machen aus dem Journal ein Buch voller Inspirationen und Ideen.

Um in eurem Ideenbuch nicht den Überblick zu verlieren, könnt ihr es in verschiedene Kategorien einteilen. Ein einfaches Notizbuch ist hier wahrscheinlich zu klein. Am besten sind Ringbücher oder Ordner mit Registern geeignet.

Hier einige Schreibanregungen für euer Ideenbuch, die gleichzeitig auch die unterschiedlichen Kategorien benennen:

– einzelne Sätze, Zeilen oder Fragmente aus einem Buch, Gedicht oder Artikel
– Gefühle, Gedanken, Erkenntnisse
– Zitate, Redensarten und Sprüche
– Ideen für Titel, Überschriften
– Traumausschnitte
– Beschreibungen von Erlebnissen, Personen, Orten
– Erinnerungen oder spannende Gespräche
– Eigenschaften, Charakterzüge, Verhaltensweisen, Mimik und Gestik von Personen
– Ideen für zukünftige Schreibprojekte

Diese Liste könnt ihr selbstverständlich beliebig erweitern.

Ich hoffe, ich konnte euch einige Anregungen geben, wie ihr auch in der Weihnachtszeit, im Urlaub oder während eines anstrengenden Projektes im Schreibfluss bleiben könnt. Eurer Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Zudem kann es sehr befreiend sein, einfach alles aufzuschreiben, ohne dabei auf Regeln achten zu müssen.

Nun wünsche ich euch eine besinnliche Weihnachtszeit und einen gesunden Rutsch ins Jahr 2016!

Eure Verena


Tipps & Tricks

Bögen und Kurven – wie man Spannung aufbaut

November 29, 2015 • von

Wie bereits im letzten Blogpost erwähnt, soll es auch heute nochmal um das Thema »Spannung« gehen – genauer um Spannungsbögen und Spannungskurven. Einigen von euch kommen jetzt vielleicht Gedanken in den Sinn, wie: »Den Mist habe ich schon im Deutschunterricht nicht verstanden.« Oder: »Das ist doch langweilig.« Und: »Das brauche ich nicht.« Wenn ihr tatsächlich so denkt, kann ich euch beruhigen. Auch ich finde, dass es spannendere Themen gibt. Doch das Verständnis solcher literaturwissenschaftlichen und eher theoretischen Konstrukte führt dazu, dass ihr spannende Geschichten schreiben könnt. Der Spannungsbogen ist Voraussetzung dafür, dass es eine Handlung, Aufs und Abs, Herausforderungen, Siege und Niederlagen gibt. Erst das macht eure Geschichte so richtig interessant. Und deshalb ist es so wichtig, sich auch mit theoretischen, zunächst langweilig erscheinenden Themen auseinanderzusetzen.

Spannungsbogen und Spannungskurve – ist das nicht dasselbe?

Zugegeben, auf den ersten Blick scheinen die beiden Begriffe für ein und dasselbe zu stehen. Doch in Wahrheit lassen sich kleine, aber feine Unterschiede zwischen beiden ausmachen.

Der Spannungsbogen

Wie bereits im letzten Blogpost erwähnt, ist eine Grundvoraussetzung für Spannung die Beantwortung der zentralen Frage, um die es in der Geschichte geht. Der Leser muss verstehen, welches Ziel erreicht werden soll, damit er die Umstände nachvollziehen kann, die es dem Helden auf seinem Weg so schwer machen.
Der Spannungsbogen bezeichnet genau diesen Aufbau, das Steigen und Abfallen der Handlung in einer Geschichte. In der Regel wird er als Halbkreis dargestellt. Für Kurzgeschichten reicht normalerweise ein einzelner Spannungsbogen aus, der die gesamte Handlung abdeckt:

spannungskurve1

Im Verlauf von längeren Geschichten gibt es jedoch mehrere Fragen und kleine Zwischenziele, die noch vor der zentralen Frage beantwortet bzw. erreicht werden sollten. Wie langweilig wäre es, in einem Roman, der in der Regel mehrere Hundert Seiten umfasst, der Beantwortung von nur einer einzigen Frage nachzujagen? Selbst der geduldigste Leser würde wohl solch ein Buch irgendwann weglegen und nicht mehr anrühren. Viel spannender ist es, den Leser durch das Auftauchen neuer Fragen und das Erhalten von Antworten in ein Wechselbad der Gefühle zu schicken.
Solche zusätzlichen Fragen lassen neben dem großen Spannungsbogen viele kleine Spannungsbögen entstehen. Diese sollten aber am besten nicht nacheinander auftauchen, sondern sich gegenseitig überlappen. Auf diese Weise gibt es immer einige offene Fragen, die für Spannung sorgen:

spannungskurve2

Um für noch mehr Spannung zu sorgen, kann man auch noch Cliffhanger einbauen. Das heißt, ihr führt einen der kleinen Spannungsbögen bis kurz vor die Auflösung, unterbrecht die Szene und arbeitet mit einem anderen Spannungsbogen weiter. So könnt ihr die Antwort des ersten Spannungsbogens hinauszögern und später an den Punkt der Unterbrechung zurückkehren, um dem Leser die Antwort zu liefern. Dieses Verfahren ist besonders in Fernsehserien beliebt: Am Ende einer Folge wird eine der Figuren in einer großen Gefahr schwebend zurückgelassen. Die Zuschauer möchten nun unbedingt wissen, wie es weitergeht, müssen jedoch bis zur nächsten Folge warten. Auch die Geschichte muss weitergelesen werden, damit man als Leser erfährt, wie es weitergeht.

Die Spannungskurve

Die Spannungskurve meint in der Regel den Verlauf der Spannung in einer Geschichte. Wenn man sich eine solche Kurve visualisiert, wäre sie zackig, da die Spannung innerhalb einer Geschichte unterschiedlich ausgeprägt ist. Dabei werden die Szenen am besten so gestaltet, dass für den Leser sowohl der positive als auch der negative Ausgang der Geschichte offenbleibt. Der Wechsel zwischen positiven und negativen Ereignissen, Hoffnung und Angst, Rettung und Gefahr, passiert dabei abwechselnd und sollte sorgfältig ausbalanciert sein. Beides, die Aussicht auf Rettung sowie der drohende Untergang, sollte dabei gleich stark und gleich wahrscheinlich sein und sich im Laufe der Geschichte steigern:

spannungskurve3

Dieses Hin und Her ist es auch, das den Erzählrhythmus der Geschichte formt. Bei langen Texten ist es einerseits zu kompliziert und andererseits nicht auf die Bedürfnisse der Leser zugeschnitten, wenn man die Spannung die gesamte Zeit hochhält. Eine gute Geschichte braucht Verschnaufpausen, in denen auch der Leser entspannen kann, bevor die Spannung durch das Zusteuern auf eine Katastrophe erneut steigt.

Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Entwickeln spannender Geschichten. Mithilfe von Spannungsbögen und Spannungskurven wird euch das nun hoffentlich etwas leichter fallen. Ich freue mich, von euch zu hören.

Eure Verena