Ich gehöre zu der Sorte Frau, die nicht nur jünger aussieht als sie ist, sondern auch noch ziemlich kurz geraten ist, das heißt, ich bin gerade einmal 155 cm groß. Doch da ich bereits zu meiner Teenagerzeit wusste, dass ich nicht viel größer werden würde, hatte ich mich damit abgefunden. Auch dass ich stets für mindestens 10 Jahre jünger geschätzt werde (oft sogar noch jünger), macht mir im Grunde nichts mehr aus. Ich habe damit abgeschlossen. Eigentlich.
Vor ein paar Tagen ist etwas passiert, was mich doch ziemlich runtergezogen und mit meinem jugendlichen Aussehen hat hadern lassen. Ich stand an der Kasse eines Supermarktes und die Kassiererin hielt mich wohl für viel jünger, als ich bin. Jedenfalls behandelte sie mich so, als wäre ich gerade erst den Kinderschuhen entwachsen. Ich war so perplex, dass ich wortlos bezahlte und ging.
Ich hätte gerne etwas zu ihr gesagt, doch die richtigen Worte sind mir bis heute nicht eingefallen. Alles, was ich in dem Moment gesagt hätte, wäre wohl ziemlich daneben gewesen, einfach weil es mich so verletzt hat. Selbst jetzt fällt mir einfach nichts dazu ein. Denn eigentlich hätte es selbstverständlich sein müssen, dass sie mich wie jeden anderen Kunden auch behandelt. Ich bin ein Mensch und möchte auch wie einer behandelt werden. Punkt.
Jeder Mensch hat das Recht, als Mensch behandelt zu werden. Egal wie alt er ist, welche Hautfarbe er hat, welchem Geschlecht oder welcher Religion er angehört und, und, und. Doch da das leider in unserer Welt so nicht läuft – jedenfalls noch nicht – möchte ich mich heute mal genauer mit dem Thema »Kränkungen im Alltag« auseinandersetzten. Denn es gibt einige Tipps und Strategien, die du anwenden kannst, damit dich solche Dinge nicht so mitnehmen.
1. Sprich den Verursacher der Kränkung direkt an
In meinem Fall ging das nicht, da es sich um die Kassiererin im Supermarkt gehandelt hat und ich in dem Moment zu perplex war. Aber wenn dich jemand aus deinem Umfeld verletzt hat, dann kannst du denjenigen zu einem klärenden Gespräch bitten. Und dann heißt es: Keine Vorwürfe machen. Ich-Botschaften senden und dem Gegenüber klar machen, wie du dich gefühlt hast. Wer weiß, vielleicht hat er es gar nicht so gemeint und es war alles nur ein großes Missverständnis?
2. Darüber reden oder schreiben
Bei meinem Problem hat es mir geholfen, darüber mit meinem Freund zu reden. Es hat dazu beigetragen, dass ich nicht mehr ständig darüber nachgegrübelt habe und dass es mir besser ging. Deshalb solltest du das auch tun, wenn dich jemand gekränkt hat. Sprich mit deiner Familie, einem Freund/einer Freundin oder einer anderen Vertrauensperson darüber. Falls du noch zur Schule gehst und du ein Problem mit einem Mitschüler hast: Vertrauenslehrer oder Klassenlehrer sind genau für solche Probleme da. Auch Tagebuchschreiben kann helfen, Erlebtes zu verarbeiten. Hierbei kannst du deine Gedanken in Worte fassen und dann fällt es dir sicher auch leichter, darüber zu reden. (Wenn du niemanden zum Reden hast, wende dich an die Telefonseelsorge. Die Telefonnummern und Webadressen findest du weiter unten in diesem Artikel.)
3. Suche dir ein Ventil für deinen Ärger
So blöd es klingt, doch den Ärger rauszuschreien, kann wahre Wunder bewirken. Du möchtest nicht laut sein? Kein Problem. Nimm dir ein Kissen, halte es vor deinen Mund und brülle hinein. Aber zwischendurch das Atmen nicht vergessen … Falls du einen Wald oder ein freies Feld in deiner Nähe hast, kannst du auch dort hingehen und es hinausschreien. Du kannst auch einen kurzen Sprint hinlegen und dich körperlich verausgaben. Oder einen anderen Sport machen, der dich fordert. Alles, was dir hilft, um deinen Ärger über die Kränkung loszuwerden, ist erlaubt. (Natürlich, ohne jemanden dabei zu verletzen.) Such dir ein Ventil, wenn du es nicht mit der Person direkt klären kannst. Das ist zwar keine langfristige Hilfe, aber um den Kopf freizukriegen, lohnt es sich allemal.
4. Stärke dein Selbstbewusstsein
Es gibt Themen, die immer wieder an deinem Selbstbewusstsein kratzen und dich aufregen? Du hast einen wunden Punkt, auf den die Menschen in deiner Umgebung immer wieder gezielt zu drücken scheinen? Dann setze dich damit auseinander. Frag dich, warum es dich überhaupt ärgert und was du tun kannst, damit es nicht mehr so ist. Wenn es sich, wie bei mir, um ein Thema handelt, dass du selbst nicht ändern kannst, dann schließe deinen Frieden damit. Gesteh dir selbst ein, dass es so ist und du nichts daran ändern kannst. Sobald du das Thema angenommen und damit abgeschlossen hast, wird es dir nicht mehr so viel – oder vielleicht sogar gar nichts mehr – ausmachen. Dein Selbstbewusstsein wird um einiges zunehmen und du wirst zufriedener durchs Leben gehen. Versprochen!
By the way: Ich habe gelernt, dass es auch positive Seiten an meinem jungen Aussehen und der recht kleinen Größe gibt, sodass sich manchmal sogar Vorteile daraus ergeben. Und deshalb stört es mich meist auch gar nicht mehr. Situationen wie mit der Kassiererin kommen zum Glück nur äußerst selten vor.
5. Suche dir Hilfe bei einem Profi
Wenn es nicht besser wird und du die Kränkung nicht verwinden kannst, dann scheue nicht davor zurück, dir professionelle Hilfe zu suchen. Das muss nicht gleich ein Therapeut sein, manchmal reicht auch schon die Telefonseelsorge. Hauptsache, du vergräbst dich nicht unter deinen schlechten Gefühlen. Suche dir Hilfe und rede darüber.
6. Nützliche Websites und Telefonnummern
Deutschland:
»Die Nummer gegen Kummer«, kostenfrei:
0800/111 0 111
0800/111 0 222
116 123
http://www.telefonseelsorge.de/
Österreich:
»Die Notrufnummer«, kostenfrei: 142
http://www.telefonseelsorge.at/
Schweiz:
»Die Dargebotene Hand« Tel: 143
(Bei Anrufen fällt nur eine Grundgebühr an. Unabhängig von der Gesprächsdauer sind das 20 Rappen, wenn du vom Festnetz aus anrufst. Wenn du vom Natel aus anrufst, fallen je nach Anbieter 20 bis 70 Rappen pro Gespräch an.)
Die Beratung via Mail und Chat ist ebenfalls über alle drei Websites möglich. Alle Nummern sind rund um die Uhr und auch an Sonn- und Feiertagen erreichbar.
Glücklicherweise ging es mir noch nie so schlecht, dass ich mir externe Hilfe suchen musste. Ich hatte und habe eine liebevolle Familie und Freunde, die mich jederzeit auffangen.
Doch wenn du niemanden zum Reden hast, dann hab keine Angst davor, dich an die Telefonseelsorge zu wenden. Die Menschen, die dort arbeiten, sind speziell geschult und nehmen dein Problem ernst, egal worum es sich handelt. Und wenn du nicht so gern telefonierst, kannst du dich auch via Mail oder per Chat an die Mitarbeiter wenden.
7. Spezielle Hilfe bei Mobbing und Cybermobbing:
Mit Mobbing ist nicht zu spaßen. Wenn du gemobbt wirst, dann wende dich an deine Eltern, Lehrer oder ältere Mitschüler (zum Beispiel aus der Oberstufe). Suche dir auf jeden Fall Hilfe. Auch im Internet findest du nützliche Infos:
http://mobbing-schluss-damit.de/erste-hilfe
https://www.oesterreich-info.at/themen/mobbing.htm
http://www.mobbing-zentrale.ch
Selbstverständlich kannst du dich auch beim Thema Mobbing an die Telefonseelsorge wenden. Egal was dein Problem ist, du musst da niemals alleine durch!
Deine Verena