Der erste Satz eines Buches ist wie der erste Eindruck, den man von einem fremden Menschen gewinnt. Deshalb sollte er den Leser von Anfang an in seinen Bann ziehen und in die unbekannte Welt hineinlocken. Wege dafür sind: der klassische Einstieg über einen Erzähler, ein Dialog, eine verblüffende Aussage oder ein Rätsel. Egal wie du es anstellst, sorge dafür, dass der Leser unbedingt weiterlesen will.
Der Dialog ist ein sehr wichtiges Instrument für literarische Texte, denn er macht sie lebendig, gibt die Geschichte in Echtzeit wieder und gibt dem Leser das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Doch bei der Verwendung von Dialogen muss einiges beachtet werden. Deshalb gebe ich euch heute ein paar Tipps mit auf den Weg, die euch dabei helfen, Dialoge richtig einzusetzen.
Aufbau und Inhalt
Für den Aufbau eines Dialoges gilt im Grunde das Gleiche wie für die gesamte Geschichte: Es gibt einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Am Anfang solltet ihr nur die Informationen geben, die der Leser tatsächlich zum Verständnis braucht. Der Einstieg in den Dialog sollte dabei so spät wie möglich, also nah am aufkommenden Konflikt, erfolgen. Der Dialog läuft schließlich auf einen Höhepunkt hinaus und endet danach. Jeder Dialog ist wichtig, um die Entwicklung der Geschichte voranzutreiben.
Inhaltlich solltet ihr jeden Dialog auf das Wesentliche beschränken. Ihr solltet also alles streichen, was nicht für die Geschichte relevant ist. Alles, was die Aufmerksamkeit des Lesers vom Wesentlichen ablenkt, kann gekürzt bzw. gestrichen werden.
Dialoge als Informationsquelle
In Dialogen erfährt der Leser jede Menge über die Figuren, über ihre Charaktereigenschaften, ihre Vergangenheit und Herkunft. Es ist jedoch wichtig, dass ihr dabei nicht plump vorgeht, sondern jede Information geschickt in den Dialog einflechtet. Es sollten auch nur solche Informationen zur Sprache kommen, die für die Handlung wichtig sind. Achtet jedoch darauf, dass es nicht nur darum geht, dem Leser eine Information zu vermitteln. Die Information sollte für die darin vorkommenden Personen wichtig sein. Wenn eine handelnde Person eine Information bereits kennt, was aufgrund des Wissensvorsprungs gegenüber des Lesers am Anfang einer Geschichte oft vorkommt, dann solltet ihr die Information geschickt verpacken.
Ein Beispiel:
»Als du weg warst, hat dein Bruder Emil angerufen.«
Die Figur weiß selbst, dass Emil ihr Bruder ist. Eine solche Erwähnung wäre also unnatürlich und plump. Um dem Leser diese Information ebenfalls mitzuteilen, könnte man auch anders vorgehen:
»Als du weg warst, hat Emil angerufen. Du solltest ihn schnell zurückrufen, er sagte, es würde um euren Vater gehen.«
Auf diese Weise wird die Verwandtschaft der beiden Figuren ebenfalls klar, ohne dass es direkt gesagt wird.
Gefühle zeigen
Auch wenn es darum geht, die Gefühle der Figuren zu zeigen, solltet ihr im Dialog nicht allzu plump vorgehen. Für den Leser ist es viel interessanter, wenn er die Gefühle der Figuren selbst entdecken muss. Dies geht am besten, indem die Figuren den Gefühlen widersprechen. Entweder, weil sie nicht darüber reden möchten, sie verbergen wollen oder weil sie sich der Gefühle selbst nicht bewusst sind. Dies sollte jedoch nur wichtigen Situationen vorbehalten bleiben, um die Leseraufmerksamkeit nicht zu sehr zu beanspruchen. In manchen Situationen kann es deshalb durchaus auch passend sein, wenn eine Figur offen über ihre Gefühle spricht. Ihr könnt die Gefühle im Dialog aber auch mitschwingen lassen, durch die Art und Weise, wie eine Figur etwas sagt. Die Wortwahl und der Satzbau spielen hierbei eine wichtige Rolle: Kurze Sätze, die Suche nach Worten, herumdrucksen etc. Hier sind eurer Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Charakterisierung der Figuren
Die Sprache eines Menschen verrät viel über seine Persönlichkeit. Zu den Dingen, die unsere Sprache beeinflussen, zählen der Charakter, das Geschlecht, das Alter, die Bildung und der Beruf. Bedenkt also, dass Frauen anders als Männer, Kinder anders als Erwachsene und dumme anders als gebildete Menschen reden. Ihr solltet demnach die Wortwahl, die Satzlänge und den Satzbau dahingehend beachten und entsprechend anpassen.
Auch der Dialekt oder Slang prägen die Sprache einer Figur, genauso wie Sprachprobleme (stottern, lispeln). Hier genügt es, die Eigenschaften nur anzudeuten, um sie nicht in jedem einzelnen Satz ausführen zu müssen.
Subtext und nonverbale Signale
Jeder Dialog besitzt zwei Ebenen: das direkt Gesagte und den Subtext. Der Subtext wird meist durch nonverbale Signale, wie Mimik und Gestik, wiedergegeben, aber auch der Tonfall und die Kenntnisse aus der übrigen Handlung sind wichtige Mittel dafür. Zwischen beiden Ebenen entsteht eine Spannung, wodurch der Dialog erst richtig interessant wird. Der Leser muss mitdenken und entschlüsseln, was der Subtext zu bedeuten hat. Eine Erklärung solltet ihr deshalb tunlichst vermeiden, damit der Leser sich selbst ein Bild von der Situation machen kann.
Ihr seht also, ein Dialog ist mehr als nur ein Gespräch zwischen den Figuren. Dialoge sind wichtig für die Geschichte und helfen dem Leser, die Figuren besser zu verstehen. Denkt auch daran, dass jede Figur mit anderen Vorstellungen und Zielen in den Dialog geht, jede Figur hat sozusagen ihr eigenes Drehbuch. Als Autor solltet ihr deshalb jede Perspektive kennen, um die Sicht jeder Figur wiedergeben zu können.
Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Schreiben spannender Dialoge.
Eure Verena