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Handlung

Tipps & Tricks

Kürzestgeschichten und andere literarische Minitexte

Januar 17, 2017 • von

Kurze – und ich meine wirklich kurze – Texte schreiben zu können, ist für Autoren essenziell. Denn, wer kurze Texte verfassen kann, der schafft es auch, den Blick auf dem Wesentlichen zu behalten und in seinen Geschichten nicht abzuschweifen.
Beim Schreiben von kurzen Texten könnt ihr üben, wie ihr dem Leser den Charakter einer Figur in wenigen Sätzen zeigt, wie ihr das Setting oder die Atmosphäre möglichst knapp beschreibt oder wie ihr eine überraschende Wendung einbaut. Deshalb zeige ich euch heute, welche kurzen Textsorten es gibt.

Eine besondere Form solcher Minitexte stellt die Kürzestgeschichte dar. Es gibt keine Definition, wie viele Wörter oder Zeichen eine Kürzestgeschichte haben darf, aber sie weist im Wesentlichen folgende Merkmale auf:

1. Sie kommt sehr schnell zum Kern der Geschichte und verzichtet auf eine Einleitung.
2. Sie ist in sich geschlossen und es gibt in der Regel kein Vorher und kein Nachher.
3. Hinsichtlich ihrer Themen gibt es keine Beschränkung – alles ist erlaubt
4. Jedes überflüssige Wort ist zu streichen. Dies gilt vor allem für Blähwörter, unbeabsichtigte Wiederholungen oder Dopplungen. Die Wortwahl ist so präzise wie möglich.
5. Die Sprache ist meist reich an Metaphern und Symbolen.
6. Die Figuren zeigen keine oder nur eine geringe Entwicklung. Oft wird nur ein Charakterzug dargestellt.
7. Es gibt kaum Handlung. Eine Kürzestgeschichte zeigt meist nur einen Augenblick oder eine Situation.
8. Sie steuert auf eine überraschende Wendung oder Pointe zu.

Damit ihr seht, was genau man darunter versteht, habe ich hier zwei meiner Kürzestgeschichten für euch:

Der Weg war steinig

Der Weg war steinig und unwegsam. An den Seiten wurde er gesäumt von Feldern aus Raps und Getreide, doch kein Bauer war zu sehen. Es war totenstill, nur das Pfeifen des Windes war zu hören. In der Ferne stieg Rauch in die Höhe und schon bald konnte ich Häuser sehen. Es waren einfache Häuser, die von einfachen Leuten bewohnt wurden. Ich klopfte an das erste Haus, dessen Vorhänge den Blick durch die Fenster nicht gänzlich versperrten. Ich war lange unterwegs und hatte Hunger. Die Bauersfrau gab mir zu essen und führte mich in den Keller, in dem ein Bett für mich bereitstand. Da ich hundemüde war, schlief ich sofort ein, doch nachts riss mich ein lauter Knall aus den Träumen. Sirenen ertönten, Rauch breitete sich aus. Der Krieg hatte mich gefunden.

713 Freunde

Er hat 713 Freunde. Er ist stolz, denn soeben hat er einen neuen Freund hinzugefügt. Nun sind es 714. Zum Mittag hatte er eine Currywurst. 320 seiner Freunde haben sein Foto geliked. 2 fanden es sogar so gut, dass sie es geteilt haben. Er ist stolz. Susi hat sogar einen Kommentar geschrieben: „Lecker.“
Seit längerem schon will er sie nach einem Date fragen, doch ihr Beziehungsstatus lautete bisher immer „in einer Beziehung“. Jetzt steht dort „Single“. Er wagt es und schreibt ihr eine PM. Sie antwortet nicht. Er hat 713 Freunde. Susi gehört nicht mehr dazu. Sie hat die Freundschaft beendet. Einfach so, mit einem Tastendruck.

Andere Minitexte, die sich auch super für Schreibübungen eignen, sind literarische Schnappschüsse, auch Snapshots genannt, und Webcam-Texte.
Literarische Schnappschüsse sind Momentaufnahmen, die aus nur einem einzigen Satz bestehen. Außerdem besitzt der Satz kein Prädikat (Satzaussage, die mit einem Verb gebildet wird) und auch keine Wertung. Der Schnappschuss ist so neutral wie die Aufnahme mit einer Fotokamera. Ein Webcam-Text hingegen geht noch etwas weiter. Hierbei wird eine Alltagsszene beschrieben, und zwar so neutral wie möglich. Der Text wird im Präsens geschrieben und enthält ebenfalls keine Wertungen.

Selbstverständlich müsst ihr euch bei euren Übungen nicht penibel an die eben genannten Eigenschaften der Snapshots oder Webcam-Texte halten. Ich persönlich mag es, Momentaufnahmen zu schreiben, die, ich gebe es zu, oft ein Prädikat enthalten. Oft versuche ich auch, meine längeren Geschichten in einem einzigen Satz zusammenzufassen. Denn diese Übung hilft enorm, wenn es irgendwann einmal darum geht, den eigenen Roman für den Pitch im Exposé in einem bis drei Sätzen zusammenzufassen.

Für Webcam-Texte könnt ihr zudem durch die Beobachtung eurer Umgebung, egal ob es sich dabei um eure Mitmenschen oder die Natur handelt, Details wahrnehmen, die ihr euch niemals ausdenken könntet. Je mehr dieser Beobachtungen ihr aufschreibt, desto leichter fällt es euch später, in euren literarischen Texten ähnliche Situationen zu beschreiben. Deshalb solltet ihr ab sofort immer ein Notizbuch und einen Stift dabei haben …

Probiert es doch mal aus und berichtet mir davon!

Eure Verena


Quick-Tipps

Quick-Tipp #1

Juli 17, 2016 • von

quick-tipp1Leider gibt es in vielen Verlagen keine klassischen Lektorate mehr, weshalb keine unverlangt eingesandten Manuskripte mehr gelesen werden – das Exposé ist deshalb das Mittel der Wahl.

In deinem Exposé solltest du so viele Informationen wie möglich auf denkbar engstem Raum liefern, das heißt auf einer, allerhöchstens zwei DIN-A4-Seiten. Und du solltest damit flüchtige Leser(innen) sofort ansprechen. Sehr schwer!

 

Doch was muss nun alles in diesem Exposé stehen?

Die erste Hälfte des Exposés besteht üblicherweise aus einer Kurzfassung der Handlung in zwei bis drei Sätzen – das ist sozusagen der Teaser.

Danach folgt eine etwas ausführlichere, aber dennoch knappe Zusammenfassung der Handlung. Diese muss wirklich kurz ausfallen und sollte nicht mehr als eine halbe Seite einnehmen.

Die zweite Hälfte der Seite wird nämlich für die folgenden Angaben benötigt:

  • Autor/Autorin: Sage kurz, wer du bist und was du machst.
  • Titel: Informiere dich vorab, ob dein gewünschter Titel bereits vergeben ist. Falls das der Fall ist, solltest du einen neuen wählen oder ihn nur als »Arbeitstitel« bezeichnen.
  • Gattung: Ist es ein Krimi, ein Liebesroman, ein Fantasy-Roman …? Eventuell auch vergleichbare Konkurrenztitel nennen, die es gibt.
  • Umfang: Wie viele Zeichen / Anschläge wird dein Manuskript umfassen?
  • Manuskript: Ist es bereits fertig? Falls nicht, wann wird es fertig sein?
  • Leserschaft: An welche Zielgruppe richtet sich dein Buch? Wer wird es kaufen?
  • Rechte-Nutzung: Für welche Medien ist es geeignet? Buch, E-Book, Taschenbuch, Hörbuch, Film, PC-Spiel, Übersetzung …?
  • Message: Was ist die »story behind the story«?
  • Folgetitel: Sind weitere Bücher geplant oder bereits in Arbeit?

Einem kompakten Exposé, das all solche Infos liefert, kannst du eine kurze Leseprobe (ein Kapitel) aus dem Manuskript beifügen. Wer will, kann reinschauen, muss es aber nicht.

Deine Verena


Tipps & Tricks

Komposition der Handlung – Methoden zur Handlungsentwicklung

März 19, 2016 • von

Heute startet die Serie »Komposition der Handlung«, mit der ich mich in den nächsten drei Blogposts beschäftigen werde. Im heutigen Beitrag möchte ich euch deshalb verschiedene Methoden der Handlungsentwicklung vorstellen. Im April werde ich euch etwas über kompositorische Mittel und verschiedene Plotmodelle berichten und im Mai wird es schließlich um die Möglichkeiten der Verknüpfung der Szenen gehen.

In meinem Beitrag zum Thema »Plot« hab ich euch bereits einiges zum Aufbau der Handlung erzählt. Unter anderem, dass die Suche nach der Antwort auf die zentrale dramatische Frage den Leser durch die Handlung führt und dass Ziele und Konflikte die Figuren in Bewegung halten. Auch wie Anfang, Mitte und Ende gestaltet sein sollten, habe ich in dem Beitrag berichtet. Wenn es jedoch darum geht, eine Geschichte zu schreiben, die logisch aufgebaut und in sich geschlossen ist, kann es hilfreich sein, eine Handlung zu entwickeln. Die Planung der Handlung hatte ich am Ende meines Plot-Beitrags bereits kurz angeschnitten. Heute möchte ich hierzu etwas mehr ins Detail gehen.

Was bedeutet »Komposition der Handlung«?

Der Begriff »Komposition« wird gebraucht, um zu beschreiben, wie ein Autor seine Geschichte aufgebaut hat. Er wird vor allem in der Epik verwendet. Autoren haben für den Aufbau bzw. die Planung der Handlung verschiedene Möglichkeiten und Methoden zur Auswahl – einige davon möchte ich euch hier vorstellen.

1. Die Snowflake-Methode

Die Snowflake-Methode wurde vom Autor Randy Ingermanson erfunden. Die Methode heißt so, da die Technik an das Aussehen einer Schneeflocke erinnert. So wie sich eine Schneeflocke von innen nach außen immer weiter auffächert, wird auch bei seiner Technik die Romanhandlung Stufe für Stufe immer weiter heruntergebrochen, bis sich eine komplexe, ausgereifte Romanhandlung ergibt.

Die Methode umfasst zehn Arbeitsschritte, die sich wie folgt zusammensetzen:

1) Die Geschichte wird in einem einzigen Satz zusammengefasst.
2) Nun folgt eine Zusammenfassung der Geschichte in einem Absatz mit fünf Sätzen.
3) Für jede wichtige Figur wird ein Blatt zur Hand genommen und Folgendes festgehalten: Name der Figur, Zusammenfassung »ihrer« Geschichte innerhalb der Erzählung in einem einzigen Satz, Motivation, Ziel, Konflikte und wie sie sich im Laufe der Handlung ändern wird. Nun folgt nochmals eine Zusammenfassung der Geschichte dieser Figur in einem Satz, falls sie sich im Laufe dieser Überlegungen geändert hat.
4) Die fünf Sätze aus 2) werden zu fünf Absätzen erweitert. Der ganze Text sollte jedoch nicht mehr als eine Seite umfassen.
5) Nun werden die Haupt- und Nebenfiguren im Hinblick auf ihre Biografie und Persönlichkeit beschrieben. Für die Hauptfiguren wird eine Seite veranschlagt, für die Nebenfiguren je eine halbe Seite.
6) Die Zusammenfassung aus 4) wird auf vier Seiten erweitert bzw. detaillierter ausgeführt.
7) Nun wird alles aufgeschrieben, was man über die Figuren weiß. Besonderen Wert sollte auf die Veränderung der Figur gelegt werden, die sie während der Geschichte durchmacht.
8) Jetzt wird die Zusammenfassung der Handlung erneut zur Hand genommen, um die einzelnen Szenen aufzulisten, aus denen sich die Handlung zusammensetzen wird. Hier können bereits Stichpunkte zum Inhalt der einzelnen Szenen und zur Perspektive gemacht werden.
9) Dieser Arbeitsschritt ist freiwillig. Hier kann zu jeder Szene eine Zusammenfassung geschrieben werden, mit allem, was einem zu diesem Zeitpunkt zu der Szene einfällt.
10) Nun kann endlich die erste Fassung der Geschichte niedergeschrieben werden!

Wie ihr seht, sind die verschiedenen Arbeitsschritte recht zeitintensiv. Es kann also sein, dass bis zum letzten Schritt bereits mehrere Wochen oder sogar Monate vergangen sind.

Diese Methode eignet sich übrigens nur, wenn ihr bereits die grobe Handlung und die Figuren im Kopf habt. Als Kreativtechnik zur Ideenfindung ist sie nicht geeignet.

2. Das Stufendiagramm nach Elizabeth George

Elizabeth George ist eine amerikanische Krimi-Autorin, die durch ihre Inspector-Lynley-Romane bekannt wurde. In Ihrem Schreibratgeber »Wort für Wort – oder Die Kunst, ein gutes Buch zu schreiben« verweist sie immer wieder auf das Stufendiagramm, mit dem Sie arbeitet, um die Handlung ihrer Geschichten zu planen. Sie beschreibt es als eine Liste von Szenen, die sie anlegt, bevor sie ihren Roman schreibt.

Ein Stufendiagramm ist im Grunde also nichts anderes als eine detaillierte Aufstellung der Szenen, die in der Geschichte vorkommen sollen oder könnten. Hier können bereits erste Details in Stichworten notiert werden, damit diese später nicht vergessen gehen. Manche Autoren schreiben sogar bereits sehr viele Einzelheiten hinein, andere legen ihr Stufendiagramm nur skizzenhaft und dürftig an.

Im nächsten Schritt schreibt Elizabeth George dann für jede Szene einen detaillierten Handlungsentwurf. Hierbei sammelt sie so viele Informationen über die Szene wie möglich, gibt sich selbst Anweisungen, worauf sie zu achten hat, und erarbeitet sich somit eine Vorlage, auf deren Grundlage sie schließlich die eigentliche Geschichte niederschreibt.

3. Karteikarten oder einzelne Blätter

Eine weitere Möglichkeit, die Handlung und alle möglichen Einzelheiten der Geschichte festzuhalten, sind Karteikarten oder einzelne Blätter. Der Vorteil hieran ist, dass man sie leicht hin und her schieben kann, um die richtige oder passendste Reihenfolge zu finden – denn nur mit der logischen Reihenfolge wird die Handlung später für den Leser nachvollziehbar. Außerdem kann man mit ihnen einzelne Elemente der Geschichte gesondert betrachten und Beziehungen zwischen ihnen herstellen.

Für jede Szene wird also ein Blatt oder eine Karteikarte angelegt. Hier notiert man auch das Ziel der Szene, die Erzählperspektive, das Problem, den Konflikt und eventuell auch die Gefühle und Gedanken des Protagonisten. Danach kann man die Karten oder Blätter beliebig verschieben, bis es passt, und beginnen, die Geschichte niederzuschreiben. Die Anordnung der einzelnen Szenen im Vorhinein verhindert, dass man erst nach Hunderten geschriebener Seiten bemerkt, wenn etwas mit der Handlung nicht stimmt.

Da Kreativität jedoch nicht nach Rezept funktioniert, solltet ihr euch für euren Handlungsaufbau eine eigene Methode zurechtlegen, die für euch funktioniert. Vielleicht ist es eine Mischung aus verschiedenen Methoden, vielleicht sogar eine ganz andere – denn es gibt noch tausende mehr, doch diese aufzuzeigen würde den Rahmen sprengen.

Bevor ich wusste, dass es diese verschiedenen Techniken und Methoden gibt, hatte ich mir bereits eine eigene angeeignet. Inzwischen weiß ich, dass es eine Mischung aus den oben genannten ist. Mein Medium ist dabei der PC, denn ich halte alle Ideen in Word-Dokumenten fest. Wenn ich mit einer Geschichte beginne, dann halte ich mich an einen roten Faden. Meist weiß ich dann schon, wer die Hauptperson ist, wo sie hinwill und wie die Geschichte ausgehen soll. Ich kenne den Anfang, einen Teil in der Mitte und das Ende – das ist mein roter Faden. Nur das »Dazwischen« ist mir meist noch unbekannt. Ich lege dann, wie oben beschrieben, eine Liste mit Szenen bzw. Kapiteln an und notiere mir grob den Inhalt. Danach beginne ich zu schreiben. Immer wenn mir während des Schreibprozesses etwas Neues einfällt, ein neuer Charakter oder eine Szene, die ich einbauen möchte, dann notiere ich dies ebenfalls in dem Word-Dokument mit meinem roten Faden. Ich habe festgestellt, dass dies am besten funktioniert, da ich mir so die Möglichkeit offenlasse, an der Handlung noch etwas herum zu doktern.

Wie ihr am Ende vorgehen möchtet, ist natürlich euch überlassen. Vielleicht kommt ihr besser klar, wenn ihr euch vorher alle Einzelheiten ausgedacht habt und euch beim Schreiben strikt daran haltet. Wie gesagt, jeder Autor ist anders. Wenn ihr ein wenig herumprobiert, dann findet ihr sicher bald eine Methode, die für euch funktioniert.

Nun wünsche ich euch viel Freude beim Ausprobieren der verschiedenen Methoden. Falls ihr bereits eine eigene Technik besitzt, dann schreibt mir doch, wie ihr beim Entwickeln eurer Handlung vorgeht. Ich freue mich, von euch zu hören!

Eure Verena


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Bögen und Kurven – wie man Spannung aufbaut

November 29, 2015 • von

Wie bereits im letzten Blogpost erwähnt, soll es auch heute nochmal um das Thema »Spannung« gehen – genauer um Spannungsbögen und Spannungskurven. Einigen von euch kommen jetzt vielleicht Gedanken in den Sinn, wie: »Den Mist habe ich schon im Deutschunterricht nicht verstanden.« Oder: »Das ist doch langweilig.« Und: »Das brauche ich nicht.« Wenn ihr tatsächlich so denkt, kann ich euch beruhigen. Auch ich finde, dass es spannendere Themen gibt. Doch das Verständnis solcher literaturwissenschaftlichen und eher theoretischen Konstrukte führt dazu, dass ihr spannende Geschichten schreiben könnt. Der Spannungsbogen ist Voraussetzung dafür, dass es eine Handlung, Aufs und Abs, Herausforderungen, Siege und Niederlagen gibt. Erst das macht eure Geschichte so richtig interessant. Und deshalb ist es so wichtig, sich auch mit theoretischen, zunächst langweilig erscheinenden Themen auseinanderzusetzen.

Spannungsbogen und Spannungskurve – ist das nicht dasselbe?

Zugegeben, auf den ersten Blick scheinen die beiden Begriffe für ein und dasselbe zu stehen. Doch in Wahrheit lassen sich kleine, aber feine Unterschiede zwischen beiden ausmachen.

Der Spannungsbogen

Wie bereits im letzten Blogpost erwähnt, ist eine Grundvoraussetzung für Spannung die Beantwortung der zentralen Frage, um die es in der Geschichte geht. Der Leser muss verstehen, welches Ziel erreicht werden soll, damit er die Umstände nachvollziehen kann, die es dem Helden auf seinem Weg so schwer machen.
Der Spannungsbogen bezeichnet genau diesen Aufbau, das Steigen und Abfallen der Handlung in einer Geschichte. In der Regel wird er als Halbkreis dargestellt. Für Kurzgeschichten reicht normalerweise ein einzelner Spannungsbogen aus, der die gesamte Handlung abdeckt:

spannungskurve1

Im Verlauf von längeren Geschichten gibt es jedoch mehrere Fragen und kleine Zwischenziele, die noch vor der zentralen Frage beantwortet bzw. erreicht werden sollten. Wie langweilig wäre es, in einem Roman, der in der Regel mehrere Hundert Seiten umfasst, der Beantwortung von nur einer einzigen Frage nachzujagen? Selbst der geduldigste Leser würde wohl solch ein Buch irgendwann weglegen und nicht mehr anrühren. Viel spannender ist es, den Leser durch das Auftauchen neuer Fragen und das Erhalten von Antworten in ein Wechselbad der Gefühle zu schicken.
Solche zusätzlichen Fragen lassen neben dem großen Spannungsbogen viele kleine Spannungsbögen entstehen. Diese sollten aber am besten nicht nacheinander auftauchen, sondern sich gegenseitig überlappen. Auf diese Weise gibt es immer einige offene Fragen, die für Spannung sorgen:

spannungskurve2

Um für noch mehr Spannung zu sorgen, kann man auch noch Cliffhanger einbauen. Das heißt, ihr führt einen der kleinen Spannungsbögen bis kurz vor die Auflösung, unterbrecht die Szene und arbeitet mit einem anderen Spannungsbogen weiter. So könnt ihr die Antwort des ersten Spannungsbogens hinauszögern und später an den Punkt der Unterbrechung zurückkehren, um dem Leser die Antwort zu liefern. Dieses Verfahren ist besonders in Fernsehserien beliebt: Am Ende einer Folge wird eine der Figuren in einer großen Gefahr schwebend zurückgelassen. Die Zuschauer möchten nun unbedingt wissen, wie es weitergeht, müssen jedoch bis zur nächsten Folge warten. Auch die Geschichte muss weitergelesen werden, damit man als Leser erfährt, wie es weitergeht.

Die Spannungskurve

Die Spannungskurve meint in der Regel den Verlauf der Spannung in einer Geschichte. Wenn man sich eine solche Kurve visualisiert, wäre sie zackig, da die Spannung innerhalb einer Geschichte unterschiedlich ausgeprägt ist. Dabei werden die Szenen am besten so gestaltet, dass für den Leser sowohl der positive als auch der negative Ausgang der Geschichte offenbleibt. Der Wechsel zwischen positiven und negativen Ereignissen, Hoffnung und Angst, Rettung und Gefahr, passiert dabei abwechselnd und sollte sorgfältig ausbalanciert sein. Beides, die Aussicht auf Rettung sowie der drohende Untergang, sollte dabei gleich stark und gleich wahrscheinlich sein und sich im Laufe der Geschichte steigern:

spannungskurve3

Dieses Hin und Her ist es auch, das den Erzählrhythmus der Geschichte formt. Bei langen Texten ist es einerseits zu kompliziert und andererseits nicht auf die Bedürfnisse der Leser zugeschnitten, wenn man die Spannung die gesamte Zeit hochhält. Eine gute Geschichte braucht Verschnaufpausen, in denen auch der Leser entspannen kann, bevor die Spannung durch das Zusteuern auf eine Katastrophe erneut steigt.

Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Entwickeln spannender Geschichten. Mithilfe von Spannungsbögen und Spannungskurven wird euch das nun hoffentlich etwas leichter fallen. Ich freue mich, von euch zu hören.

Eure Verena


Tipps & Tricks

Der Plot

Oktober 4, 2015 • von

In diesem Blogpost steht die Handlung eurer Geschichte im Mittelpunkt. Ich werde euch erklären, wie eine Handlung entsteht, wodurch die eigentliche Geschichte ausgelöst und wie die Handlung interessant wird. Nicht alles, was man in einer Geschichte erzählt, ist auch wirklich wichtig für die Handlung. Deshalb sollte man als Autor sicher entscheiden können, was in die Geschichte hinein gehört und welche Bestandteile man ruhig streichen kann.

Was ist der Plot und über welche Merkmale verfügt er?

Ihr habt es sicher schon gemerkt: Der Plot ist der Handlungsverlauf einer Geschichte. Wenn man vom Plotten spricht, ist demzufolge die Entwicklung der Handlung gemeint. Alle Ereignisse, die in einer Geschichte vorkommen, sind bedeutungsvoll. Auch wenn es für den Leser nicht sofort ersichtlich ist, alles, was erzählt wird, ist wichtig und bringt die Geschichte voran. Der Autor könnte nicht darauf verzichten, dieses Ereignis zu erzählen. Dinge, die langweilig, bedeutungslos oder zufällig sind, kommen jedoch nicht in einem Plot vor. Für den Leser wäre es äußerst langweilig, zu erfahren, wie sich die Hauptfigur allmorgendlich die Zähne putzt oder unter der Dusche steht. Mein erster Tipp lautet also: Alles, was ihr in eurer Geschichte erzählt, muss eine Bedeutung haben und wichtig für den Handlungsverlauf sein.

Ein weiteres Charakteristikum der Handlung ist es, dass sie stets auf ein Ereignis hinaus läuft. Der Plot folgt also einer bestimmten Richtung. Auf die Frage »Worum geht es?« lässt sich innerhalb einer Geschichte immer eine Antwort finden. Es geht stets um Konflikte, Probleme, Fragen, und die Handlung steuert auf eine Auflösung zu. Schreibt also so, dass der Leser der Richtung eurer Handlung folgen kann und immer versteht, worum es in euerer Geschichte geht. Dies ist mein zweiter Tipp.

Mein nächster Tipp bezieht sich auf das Prinzip von Ursache und Wirkung. Der Handlungsverlauf ist wie eine Reihe von Dominosteinen: Nachdem der erste Stein umgestoßen wurde, setzen sich nach und nach weitere Steine in Bewegung.
Der englische Schriftsteller E. M. Foster sagte einmal: »Erst starb der König und dann starb die Königin, ist kein Plot. Erst starb der König und dann starb die Königin vor Kummer, ist ein Plot.« Zufälle oder unmotivierte Elemente, die nicht logisch mit der Geschichte verknüpft sind, werden den Leser verwirren und eher dazu führen, dass er die Geschichte weglegt und nicht weiter liest. Dies bezieht sich auch auf die zentrale dramatische Frage, also die Frage, auf die der Leser unbedingt eine Antwort bekommen will. Die zentrale dramatische Frage ist es, die die Geschichte erst so richtig ins Rollen bringt: Wird der Mörder gefasst? Werden die beiden doch noch ein Paar? Wird er seine Mission erfolgreich beenden? Diese Frage muss auf jeden Fall beantwortet werden. Die Antwort muss logisch sein und sich aus dem Verlauf der Geschichte ergeben.
Achtet bei eurem Handlungsverlauf also darauf, dass die Ereignisse logisch und nachvollziehbar aufeinander folgen, so bleibt die Geschichte spannend und der Leser wird daraufhin wissen wollen, wie es weitergeht.

Konflikte sind wichtig

Es gibt nichts Langweiligeres als eine Geschichte, in der sich die Hauptfigur ein Ziel setzt und dieses ohne Probleme erreicht. Als Leser möchte man mit dem Protagonisten mitfiebern, zusammen durch Höhen und Tiefen gehen, lachen und weinen und sich die Frage stellen: »Wird mein Held sein Ziel erreichen?« Ohne Hindernisse, Gefahren oder Konflikte wäre es keine Geschichte wert, erzählt zu werden.

Es gibt drei Arten von Konflikten: die äußerlichen, die inneren und die gegen »höhere Mächte« gerichteten Konflikte. Der äußerliche Konflikt wird im Kampf mit anderen Figuren ausgefochten. Zu den inneren Konflikten zählen die Auseinandersetzungen der Figuren mit den eigenen Ängsten und Schwächen. Bei einem Konflikt mit »höheren Mächten« kann es sich um den Kampf gegen gesellschaftliche Normen oder gegen die Natur handeln. Wichtig dabei ist, dass der Konflikt dynamisch ist und keinesfalls beim ersten Versuch gelöst wird. Innerhalb der Geschichte kommt es zu einer aktiven Auseinandersetzung, in der mal die eine und mal die andere Partei die Oberhand gewinnt. Umso spannender wird es, wenn die Konfliktpartner ungefähr gleich stark sind, sodass es für die Hauptperson beinahe unmöglich scheint, ihr Ziel zu erreichen.

Auch hier solltet ihr darauf achten, dass die Konfliktsituation vom Leser nachvollzogen werden kann. Er muss sich in die Figur hineinfühlen können und verstehen, warum sie so und nicht anders handelt. Zudem muss die Motivation der Figur, den Konflikt auszutragen, stärker sein als der Wunsch, sich dem Konflikt zu entziehen, oder sich dem Gegner zu ergeben.

Die Plotstruktur

Unter der Plotstruktur ist die »sinnvolle« Reihenfolge zu verstehen, in der die Ereignisse einer Geschichte angeordnet sind. Ein einfaches wie bewährtes Strukturmodell ist die Abfolge Anfang, Mitte Ende, wobei jeder Abschnitt verschiedene Aufgaben erfüllt.

Der Anfang muss den Leser in die Geschichte einführen und sein Interesse wecken. Die zentrale dramatische Frage wird aufgegriffen, sodass der Leser sofort weiß, worum es geht und mit Spannung den Weg bis zum Ziel verfolgt. In der Regel wählt man für den Anfang einer Geschichte den Moment, an dem das Leben der Figuren zum ersten Mal aus den Fugen gerät, also das Ereignis, das die Geschichte ins Rollen bringt.

In der Mitte spielt sich der größte Teil der Handlung ab. In ihr strebt die Hauptfigur ihrem Ziel entgegen, trifft auf Hindernisse, die sie überwinden muss und der Konflikt steigert sich, bis es keine Lösung mehr zu geben scheint. Der Mittelteil wird meist in drei Phasen gegliedert. In der ersten Phase unternimmt der Protagonist eine Lösungsversuch, scheitert jedoch und vergrößert den Konflikt dadurch noch weiter. In der zweiten Phase gibt es einen erneuten Lösungsversuch, der jedoch wieder schiefgeht und eine neue, überraschende Wendung bringt. In der dritten Phase gibt es einen weiteren Lösungsversuch, der den Plot zu einer finalen Entscheidung führt.

Das Ende ist der kürzeste Abschnitt einer Geschichte. In ihm wird die zentrale Frage beantwortet und weiter gibt es nichts zu sagen. In einigen Erzählungen gibt es noch einen Ausblick auf das, was nach der Geschichte mit den Figuren passieren wird, doch hierfür reichen Andeutungen, die den Leser ahnen lassen, wie es weitergeht. Das Ende sollte den Leser überraschen aber auch logisch sein und als unvermeidlich empfunden werden. Für den Leser sollte kein anderes Ende möglich gewesen sein, wenn er die Geschichte noch einmal Revue passieren lässt. Das Ende ist der letzte Eindruck, den der Leser von der Geschichte mitnimmt. Deshalb sollte es stimmig, sorgfältig durchdacht und nachvollziehbar sein.

Die Entwicklung des Plots

Es gibt Autoren, die planen ihre Handlung bis ins Kleinste, die anderen schreiben einfach drauf los. Beide Varianten sind in Ordnung, solange sie für den jeweiligen Schriftsteller funktionieren. Am Ende kommt jedoch auch der, der zuerst drauf los geschrieben hat, nicht drum herum, die Plotstruktur zu überprüfen. Im schlimmsten Fall muss der Plot vollständig überarbeitet oder neu geplant werden, weshalb es ratsam ist, vor dem Schreiben einen groben roten Faden zu haben, an dem man sich orientiert. Hier reicht es, sich zu den wichtigsten Punkten ein paar Notizen zu machen.

Über folgende Fragen solltet ihr euch schon vorher ein paar Gedanken gemacht haben:

Welchen Konflikt gibt es?
Wie lautet die zentrale dramatische Frage?
Wo beginnt die Geschichte?
Welche Informationen sollte der Leser in der Mitte erfahren?
Wie sehen Krise und Höhepunkt aus? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
Welche Reihenfolge der Ereignisse ist am sinnvollsten?

Der Handlungsverlauf muss vor dem Schreiben nicht komplett ausgearbeitet sein. Das Konzept sollte Raum für Änderungen zulassen, sodass ihr jederzeit spontane Entwicklungen, die sich beim Schreiben ergeben, einbauen könnt.

Ich hoffe, meine Tipps konnten euch ein wenig weiterhelfen. Nun wünsche ich euch viel Spaß beim Entwickeln und Schreiben eurer Geschichten!

Eure Verena