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Schreiben & Lesen

Rezensionen

Dystopie, Krimi und Lovestory – Rezension zu Water & Air

April 8, 2017 • von

Titel: Water & Air
Autor: Laura Kneidl
Verlag: Carlsen
Einband: Softcover
Seiten: 480
Alter: ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-551-31544-1
Preis: CH: 17,90 CHF/D: 12,99 €/A: 13,40 €
Erscheinungsdatum: März 2017

Klappentext:

Seit dem Anstieg der Meeresspiegel leben die Menschen in Kuppeln unter Wasser oder in der Luft. Mit ihren achtzehn Jahren hat Kenzie noch nie die Sonne gesehen und ihr Leben in der Wasserkolonie unterliegt strengen Normen. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und flieht in eine Luftkolonie, um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch dann wird sie zur Hauptverdächtigen in einer mysteriösen Mordserie und nur Callum mit dem geheimnisvollen Lächeln hält zu ihr. Aber nicht nur den beiden droht Gefahr, auch das Schicksal der gesamten Kolonie steht auf dem Spiel.

Zur Autorin:

Laura Kneidl schreibt Romane über unverfrorene Dämonen, rebellische Jäger, stilsichere Vampire und uniformierte Luftgeborene. Sie wurde 1990 in Erlangen geboren und entwickelte bereits früh in ihrem Leben eine Vorliebe für alles Übernatürliche. Inspiriert von zahlreichen Fantasy-Romanen begann sie 2009 an ihrem ersten eigenen Buchprojekt zu arbeiten, seitdem wird ihr Alltag von Büchern, Katzen, Pinterest und Magie begleitet. (Quelle: Amazon.de)

Weitere Infos unter www.laura-kneidl.de.

Eine fesselnde Lektüre, die zum Nachdenken anregt

Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch die Autorin selbst, da ich ihr auf Twitter und Facebook folge. Durch ihre mehrmaligen Ankündigungen und wohldosierten Informationen zur Geschichte hat sie mich extrem neugierig darauf gemacht, sodass ich es mir Ende Februar bestellte.
Das Cover fand ich bereits auf den Bildern, die ich vorher gesehen habe, sehr ansprechend. Als ich das Buch dann aber in Händen hielt, fielen mir die einzelnen Ornament-Zeichnungen auf, die sich durch das gesamte Buch zogen – was ich sehr schön fand. Da sieht man mal wieder, wie wichtig auch die Verpackung sein kann. Ein ansprechendes Äußeres macht definitiv auch Lust darauf, ins Innere zu schauen.

Und das hatte es in sich – der Klappentext hat hier definitiv nicht zu viel versprochen. Zunächst lernt der Leser die 18-jährige Kenzie kennen, die in einer Kuppel im Meer aufwächst. Eingeschlossen von Wasser, spiegelt die Kolonie Kenzies Leben wider. Auch sie fühlt sich eingesperrt. Die Zukunft, die sie sich erträumt, wird von dem System, in dem sie lebt, nicht gestattet. Sie kann sich nicht frei entfalten und dem Beruf nachgehen, den sie sich wünscht. Frauen sind dazu da, die Kolonie durch Nachwuchs am Leben zu erhalten, auf dem Feld zu arbeiten oder sonst eine niedere Arbeit zu verrichten. Wer dem nicht nachkommt, der wird aufs Festland verbannt, das jedoch keine Lebensgrundlage mehr bietet und somit den sicheren Tod bedeutet.
Doch Kenzie will sich diesem Schicksal der Verbannung, das ihr – nicht nur wegen ihres Berufswunsches, sondern auch wegen eines schrecklichen Geheimnisses, das ich hier nicht verraten möchte – bevorsteht, nicht beugen. Und so flieht sie in einem günstigen Moment in die Luftkolonie. Aber auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Mit dem Auftauchen von Kenzie geschehen plötzlich mysteriöse Morde, für die sie verantwortlich gemacht wird. Nur Callum glaubt an ihre Unschuld. Er ist Mitglied des Rates der Luftkolonie, Beauftragter der Sicherheit – eine Art Polizei – und setzt sich für sie ein.
Ab hier nimmt die Geschichte Fahrt auf. Die Dystopie wird immer mehr zum Krimi gemischt mit einer sich langsam entwickelnden Liebesgeschichte zwischen Kenzie und Callum. Die beiden machen es sich zur Aufgabe, die Morde aufzuklären und Kenzies Unschuld damit ein für alle Mal zu beweisen. Doch ihre Spuren verlaufen jedes Mal im Sande und Verdächtige stellen sich als »unschuldig« heraus – zumindest, was die Morde angeht. Auch als Leser wurde ich mehr als einmal auf die falsche Fährte geführt. Immer wenn ich dachte, jetzt weiß ich, wer der Mörder ist, wurde ich eines Besseren belehrt.
Am Ende der Geschichte überschlagen sich die Ereignisse, was dazu geführt hat, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Hätte ich mehr Zeit zum Lesen gehabt, hätte ich es vermutlich an einem Tag verschlungen, so hat mich die Geschichte drei Tage lang begleitet. Und ich habe es nicht bereut.

Laura Kneidl hat mich mit diesem Buch in eine mögliche Zukunft dieser Welt entführt, die definitiv zum Nachdenken anregt. Hintergrundinformationen werden nach und nach eingestreut, so dass es einem beim Lesen fast nicht auffällt. Und die Figuren und ihre Handlungen waren sehr gut nachvollziehbar.
Kenzie ist nicht das typische Mädchen, das man oft in Büchern findet. Sie wartet nicht darauf, dass ihr Prinz kommt und sie rettet. Sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand. Am Anfang hat mich allerdings die Darstellung von Callum etwas gestört, er ist »scheinbar« perfekt, sieht gut aus und ist zugleich mysteriös. Dahinter steckt jedoch auch bei ihm ein Geheimnis. Nachdem dieses offenbart wurde, hat sich meine Meinung über ihn geändert. Ich konnte ihn nun besser verstehen. Der schöne Schein zeigte sich also nicht nur bei den Kolonien, sondern auch bei den Figuren, eine Tatsache, die sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte zieht.

Der Schreibstil von Laura Kneidl ist flüssig, weshalb sich das Buch sehr angenehm lesen lässt. Sehr gut fand ich außerdem, dass in der Geschichte auch Themen wie Drogen, Homosexualität und der Umgang mit älteren Menschen angesprochen werden. Eigentlich Themen, für die ein einziges Buch nicht ausreicht. Das Einzige, was für mich ein wenig zu kurz kam, ist die Wasserkolonie. Hier hätte ich gerne noch etwas mehr erfahren, zum Beispiel über die medizinische Versorgung. Aber das tut der Geschichte überhaupt keinen Abbruch. Denn sie ist wirklich gelungen, fesselnd, spannend und regt zum Nachdenken an. Vielen Dank, Laura Kneidl, für diese schönen Mußestunden mit Kenzie und Callum.


Interviews

Für Kinder schreiben: Interview mit der Kinderbuchautorin Anja Kiel

März 4, 2017 • von

Für Kinder zu schreiben, ist mindestens genauso schwer wie für Erwachsene. Vielleicht sogar noch schwerer. Und trotzdem gibt es immer wieder mutige Autorinnen und Autoren, die diese Herausforderung annehmen und bereits den Jüngsten mit ihren Geschichten ein Lächeln auf die Lippen zaubern und sie in fremde Welten entführen.

Anja Kiel ist eine von ihnen. Sie wurde 1973 in Tübingen geboren, studierte Kunstgeschichte, Angewandte Kulturwissenschaften und Philosophie in Münster, absolvierte ein Volontariat bei der Zeitschrift Prinz in Duisburg – und wollte eigentlich Malerin werden. Oder Köchin. Oder Ballerina. Zum Glück wurde daraus nichts, denn eines Tages überredete ihre Mutter, die Autorin Inge Meyer-Dietrich, sie dazu, mit ihr das Buch »Die Hüter des Schwarzen Goldes« zu schreiben. Seither arbeitet sie als Kinderbuchautorin.

Ich bin sehr glücklich, dass sich Anja dazu bereit erklärt hat, mir in diesem Interview Rede und Antwort zu stehen und bin mir sicher, dass ihre Antworten nicht nur mich brennend interessieren.

Textkritzeleien Blog: Anja, wie genau kam es dazu, dass dich deine Mutter überzeugen konnte, mit ihr ein Buch zu schreiben, und wann war das?

Anja Kiel: Das muss vor 2009 gewesen sein. Ich hatte einige Jahre als Gästeführerin auf der Zeche Zollverein in Essen gearbeitet und wusste daher eine ganze Menge über das Thema Bergbau. Gleichzeitig hatte ich mit dem Schreiben als Journalistin begonnen – als freie Autorin für eine Veranstaltungs- und Kulturzeitschrift. Inge hatte schon länger geplant, einen Roman über die »Schwarzmännchen« zu schreiben, sagenhafte Zwerge, die im Ruhrgebiet unter der Erde wohnen sollen. Inges Erfahrung als Kinderbuchautorin und meine Kenntnisse im Bergbau – das müsste doch funktionieren. Ich habe damals aber erst nicht daran geglaubt, dass ich auch für Kinder schreiben könnte. Bis Inge mir einen Entwurf des ersten Kapitels zumailte und ich sofort Lust bekam, daran weiterzuschreiben. Und so entstand nach und nach der Roman.

TB: War der Beruf schon immer eine mögliche Option für dich? Oder wolltest du eigentlich nichts vom Autorendasein wissen?

AK: Nein, der war keine Option für mich. Ich wollte definitiv einen anderen Beruf ergreifen als meine Mutter. Außerdem war ich keins von den Kindern, die ständig Gedichte oder Geschichten verfassen (obwohl ich sehr gern Briefe und Tagebuch schrieb und mir Aufsätze in der Schule meistens auch leicht von der Hand gingen).

TB: Schreibst du auch andere Bücher? Beispielsweise Romane für eine andere Zielgruppe?

AK: Ganze Bücher für andere Zielgruppen habe ich bisher nicht verfasst. Aber ich habe mehrere Kurzgeschichten für Erwachsene geschrieben, von denen immerhin drei auch schon veröffentlicht sind.

TB: Hast du selbst Kinder? Wenn ja, inwiefern hilft dir das beim Schreiben guter Kindergeschichten?

AK: Ich habe Kinder und das hilft mir sehr beim Schreiben. Weil ich sofort testen kann, ob Ton und Sprache funktionieren. Weil ich sehe, woran sie interessiert sind. Weil ich durch sie ständig selbst auf Kinderliteratur gestoßen werde. Und natürlich, weil sie mich inspirieren (auch wenn ich ihre Erlebnisse nicht zu Buchideen umforme).

TB: Und worauf sollte man achten, wenn man für sie schreiben möchte?

AK: Wenn man bereits eine Idee skizziert hat, sollte man sich auch recht bald überlegen, was man eigentlich schreiben will. Den Text für ein Bilderbuch? Ein Erstleserbuch? Einen Kinderroman? Diese Textarten sind sehr unterschiedlich und nicht jede Geschichte eignet sich für jedes Format.

TB: Sicher ist es hier auch wichtig, das genaue (Lese-)Alter der Kinder einzugrenzen, stimmt’s?

AK: Ja, das ist sehr wichtig. Kinder sollte man nicht zu sehr über- oder unterfordern, denn sonst verlieren sie schnell das Interesse. Übrigens sollten die Hauptfiguren im Buch in der Regel ein bis zwei Jahre älter sein als die Leser. Kinder orientieren sich gern nach oben.

TB: Und was sollte man bei Kinderbüchern sprachlich beachten?

AK: Bei den Erstlesebüchern sollten die benutzten Wörter nicht zu schwer sein. Also fallen die meisten zusammengesetzten Wörter schon mal weg. Auch Fremdwörter und Anglizismen haben hier eigentlich nichts zu suchen – Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Sätze sollten einfach konstruiert und nicht zu lang sein. Je nach Lesestufe darf der Schwierigkeitsgrad natürlich erhöht werden. Je älter die Leser sind, desto anspruchsvoller kann die Sprache sein. Lesen soll schließlich – ganz nebenbei – auch die Sprachkompetenz fördern und den Wortschatz erweitern! Ich persönlich bin aber ein Freund von einfachen, prägnanten Sätzen. Vorsicht beim Nachahmen von Kinder- oder Jugendsprache: Das ist eine Gratwanderung. Altertümliche Begriffe wie »Lausbub« oder »Schlingel« sollte man sich aber auch verkneifen.

TB: Gibt es inhaltliche/thematische Einschränkungen (abgesehen vom Offensichtlichen wie Erotik und Gewaltverherrlichung)?

AK: Eigentlich nicht. Ich denke, dass Kindern durchaus auch »schwere« Themen wie Krieg, Tod, Trennung zugemutet werden können. Kinder entscheiden selbst, ob sie sich mit solchen Büchern beschäftigen wollen oder nicht. Für Erstlesebücher würde ich solche Themen allerdings nur bedingt empfehlen.

TB: Gerade sind deine Bücher »Lara und die freche Elfe. Auf dem Ponyhof« und »Mein Freund, der Superheld« erschienen. Worum geht es in den Büchern?

AK: »Lara und die freche Elfe. Auf dem Ponyhof« ist bereits der dritte Band um Lara und ihre Elfenfreundin Fritzi. Fritzi habe ich erfunden, weil mir all die süßen, sanften Blumenelfen in den Erstlesebüchern auf die Nerven gingen. Lara liebt pink und ist ein richtiges Klischeemädchen. Fritzi dagegen ist ein bisschen wild und frech und kitzelt das auch bei Lara heraus. Als die beiden zusammen einen Bauernhof besuchen, will Lara natürlich – ganz Mädchen – unbedingt auf dem Pony reiten. Stattdessen toben die beiden im Heu, striegeln Ziegen und haben jede Menge Spaß.

»Mein Freund, der Superheld« richtet sich an Leseanfänger, die schon ein bisschen Leseerfahrung haben. Lenny ist ein ganz normaler Junge, der ganz aufgeregt ist, als er Falk kennenlernt. Falk behauptet, ein Superheld zu sein und erzählt die abenteuerlichsten Geschichten. Da kommen Lenny allmählich Zweifel. Ist Falk ein Lügner? Oder ist er einfach nur auf der Suche nach einem Freund?

Letztlich geht es in beiden Büchern um Freundschaft.

TB: Über welche Themen würdest du sonst gerne einmal für Kinder (und/oder Erwachsene) schreiben?

AK: Das Thema Freundschaft ist so wichtig für Kinder, dass ich sicher noch mehr darüber schreiben werde. Über die Liebe würde ich auch gerne mal schreiben. Aber das wird dann bestimmt kein klassischer Liebesroman.

TB: Hast du bereits ein neues Projekt in Planung? Falls ja, verrätst du uns das Thema?

AK: Ich habe gleich mehrere Projekte in Planung. Eins ist schon relativ konkret. Aber noch ganz geheim!

TB: Jetzt machst du mich neugierig! Aber Geheimnisse soll man ja bekanntlich nicht verraten. Hast du stattdessen noch einen essentiellen Tipp für angehende Kinderbuchautoren?

AK: Ich habe gleich drei: Beobachtet Kinder, hört ihnen zu – egal ob es die eigenen oder die der Geschwister und Freunde sind. Lest Kinderliteratur. Und vor allem: Schreibt nicht von oben herab.

TB: Vielen Dank, liebe Anja, für die vielen, guten Tipps von dir. Leider sind wir bereits am Ende des Interviews angelangt. Gibt es etwas, das ich vergessen habe? Möchtest du noch etwas hinzufügen?

AK: Wer sein Buch bei einem Verlag veröffentlichen will, sollte sich vor Kontaktaufnahme intensiv mit den jeweiligen Programmen auseinandersetzen. Das gilt für Kinderbuchautoren mindestens genauso wie für »Erwachsenenbuchautoren«. Welche Segmente deckt der Verlag ab? Welche Altersstufen werden bedient? Außerdem sollte sich jeder Autor klarmachen: Für Kinder zu schreiben ist mindestens genauso schwer wie für Erwachsene zu schreiben.

TB: Ich danke dir für diesen hochinteressanten Einblick und die vielen Tipps rund ums Schreiben für Kinder. Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Erfolg beim Schreiben. Wer weiß, vielleicht bekommen wir ja bald sogar eine Liebesgeschichte von dir zu lesen?

Wenn ihr mehr über Anja und ihre Arbeit erfahren möchtet, dann schaut auf ihrer Autorenwebsite vorbei.

Eure Verena


Lifestyle, Persönliches

Warum ich meine Schreibziele für 2017 bereits im Februar völlig neu setze

Februar 4, 2017 • von

Heute gibt es einen etwas anderen Blogbeitrag von mir. Eigentlich hatte ich vor, im Februar das Projekt #Autorenwahnsinn aus meiner Sicht für euch zusammenzufassen, da es mir sehr viel Spaß gemacht hat, daran teilzunehmen. Doch seit einigen Tagen quält mich ein Gedanke und drängt sich immer weiter in den Vordergrund, sodass ich ihn nicht mehr ignorieren kann. Es geht um Druck. Druck, den ich mir selber mache und der mich bereits nach wenigen Wochen so ankotzt, dass ich etwas unternehmen muss. Deshalb habe ich beschlossen, den Druck zu reduzieren.

Worum geht es eigentlich?

Damit ihr versteht, was ich meine und worum es geht, muss ich ganz kurz ausholen. Für das Jahr 2017 hatte ich mir Ziele gesetzt. Realistische und einfache Ziele, wie ich glaubte. Welche Ziele das im Einzelnen waren, tut hier nichts zur Sache. Nur so viel: Sie hatten alle mit dem Schreiben zu tun.
Was ist also passiert? Bereits nach diesen wenigen Wochen, die das neue Jahr nun alt ist, habe ich gemerkt, dass es mir nicht möglich sein wird, alle meine mir gesteckten Ziele zu erreichen. Mein Schreibplan, den ich mir voller Elan an die Wand gepinnt hatte, war plötzlich kein Plan mehr, sondern eine Falle. Diese Woche war es besonders schlimm, denn mit jedem Tag, an dem ich (mal wieder) kein einziges Wort schrieb, wurde das Seil, das ich mir selbst um den Hals gelegt zu haben schien, enger. Es schnürte mir regelrecht die Luft ab. Ich fing an, Ausreden für das Nichtschreiben zu finden. Heute war es auf der Arbeit so anstrengend. Heute geht es mir nicht so gut. Heute bin ich zu müde.

Die Wahrheit ist: Es ging mir wirklich nicht gut. (Mal abgesehen von dem Schnupfen, den ich hatte.) Doch der einzige Grund dafür war der Druck, den ich mir mit dem Setzen meiner Schreibziele gemacht hatte. Normalerweise kann ich sehr gut mit Druck umgehen. Druck ist wie ein Motor für mich, der alles am Laufen hält. Ein bisschen Druck stört mich auch nicht. Normalerweise ist der Druck, den ich bekomme, aber von außen produziert. Und der Druck von außen nimmt nach einer gewissen Zeit auch wieder ab, wenn ich beispielsweise eine Aufgabe erledigt habe. Dann stellt sich ein Hochgefühl ein und ich bin motiviert, weiterhin so gute Arbeit zu leisten.

Innerer Druck ist eine ganz andere Sache. Innerer Druck nimmt nicht so leicht ab. Die Gedanken kreisen ständig darum. Du musst noch …! Du hast dir vorgenommen …! Schau dir deinen Plan an, dann siehst du, dass du es niemals schaffen wirst! Meine innere Stimme begann, sich mit dem Plan an meiner Wand zu verbünden. Gemeinsam fingen sie an, mich zu verhöhnen und zu mobben. Und mit jedem Tag, an dem ich keine geschriebene Wortzahl eintragen konnte, wurde es schlimmer.

Mal ehrlich, so soll das jetzt das ganze Jahr weitergehen? Noch 11 Monate? Keine Chance! Ich zog die Reißleine. Und soll ich euch was sagen? Den Plan von der Wand zu nehmen, hat sich so gut angefühlt. Der ganze innere Druck ist sofort von mir abgefallen.

Ab jetzt heißt mein einziges Ziel: Schreib, wann immer du Lust dazu hast. Wenn dabei eine Geschichte rumkommt, super. Wenn es viele Geschichten werden, auch gut. Wichtig ist, das Schreiben an sich nicht aufzugeben. Weiter Spaß daran zu haben, ohne den Druck eine bestimmte Wortzahl tippen zu müssen. Denn sind wir mal ehrlich: 500 gut geschriebene, mit Spaß und Elan verfasste Worte sind tausendmal besser als 1500 grottige Worte, die spätestens in der Korrekturphase wieder aus einer Geschichte rausfliegen. Da schreibe ich lieber wenig, aber gut. Im Gegensatz zu viel, aber scheiße.

An alle, die jetzt empört aufschreien: Aber Ziele setzen ist wichtig! Da gebe ich euch vollkommen Recht. Ziele sind wichtig. Doch sie sind nur so lange gut, wie man sie mit dem eigenen Gewissen und Leben vereinbaren kann. Ich habe meine Ziele ja auch nicht komplett aufgegeben. Ich habe sie nur auf ein für mich machbares Maß reduziert.

Das Ganze hatte schließlich auch etwas Gutes und hat mir gezeigt, dass ich meine Ziele in Zukunft anders setzen muss. Nicht die Quantität meiner Schreibarbeit ist wichtig. Die Wortzahl ist völlig irrelevant, wenn die Qualität am Ende darunter leidet. Wem es hilft, sich als Ziel eine bestimmte Anzahl an geschriebenen Worten pro Tag zu setzen, bitte schön. Für mich ist es jedoch nichts, zumindest auf ein komplettes Jahr gesehen. Das habe ich daraus gelernt. Bei kurzfristigen Zielen sieht das natürlich anders aus. Wenn ich eine Deadline habe, die beispielsweise in zwei Monaten endet, dann weiß ich, dass ich bis dahin viel arbeiten muss. Danach ist es aber dann auch wieder gut. Danach kann ich mich etwas ausruhen, die Batterien wieder aufladen, bevor die nächste Aufgabe ansteht. Und genau das mache ich jetzt.

Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr euch auch Ziele gesetzt, von denen ihr bereits jetzt schon wisst, dass ihr sie wahrscheinlich nicht erreichen könnt? Wie geht ihr damit um?

Ich freue mich, von euch zu hören.

Eure Verena


Tipps & Tricks

Kürzestgeschichten und andere literarische Minitexte

Januar 17, 2017 • von

Kurze – und ich meine wirklich kurze – Texte schreiben zu können, ist für Autoren essenziell. Denn, wer kurze Texte verfassen kann, der schafft es auch, den Blick auf dem Wesentlichen zu behalten und in seinen Geschichten nicht abzuschweifen.
Beim Schreiben von kurzen Texten könnt ihr üben, wie ihr dem Leser den Charakter einer Figur in wenigen Sätzen zeigt, wie ihr das Setting oder die Atmosphäre möglichst knapp beschreibt oder wie ihr eine überraschende Wendung einbaut. Deshalb zeige ich euch heute, welche kurzen Textsorten es gibt.

Eine besondere Form solcher Minitexte stellt die Kürzestgeschichte dar. Es gibt keine Definition, wie viele Wörter oder Zeichen eine Kürzestgeschichte haben darf, aber sie weist im Wesentlichen folgende Merkmale auf:

1. Sie kommt sehr schnell zum Kern der Geschichte und verzichtet auf eine Einleitung.
2. Sie ist in sich geschlossen und es gibt in der Regel kein Vorher und kein Nachher.
3. Hinsichtlich ihrer Themen gibt es keine Beschränkung – alles ist erlaubt
4. Jedes überflüssige Wort ist zu streichen. Dies gilt vor allem für Blähwörter, unbeabsichtigte Wiederholungen oder Dopplungen. Die Wortwahl ist so präzise wie möglich.
5. Die Sprache ist meist reich an Metaphern und Symbolen.
6. Die Figuren zeigen keine oder nur eine geringe Entwicklung. Oft wird nur ein Charakterzug dargestellt.
7. Es gibt kaum Handlung. Eine Kürzestgeschichte zeigt meist nur einen Augenblick oder eine Situation.
8. Sie steuert auf eine überraschende Wendung oder Pointe zu.

Damit ihr seht, was genau man darunter versteht, habe ich hier zwei meiner Kürzestgeschichten für euch:

Der Weg war steinig

Der Weg war steinig und unwegsam. An den Seiten wurde er gesäumt von Feldern aus Raps und Getreide, doch kein Bauer war zu sehen. Es war totenstill, nur das Pfeifen des Windes war zu hören. In der Ferne stieg Rauch in die Höhe und schon bald konnte ich Häuser sehen. Es waren einfache Häuser, die von einfachen Leuten bewohnt wurden. Ich klopfte an das erste Haus, dessen Vorhänge den Blick durch die Fenster nicht gänzlich versperrten. Ich war lange unterwegs und hatte Hunger. Die Bauersfrau gab mir zu essen und führte mich in den Keller, in dem ein Bett für mich bereitstand. Da ich hundemüde war, schlief ich sofort ein, doch nachts riss mich ein lauter Knall aus den Träumen. Sirenen ertönten, Rauch breitete sich aus. Der Krieg hatte mich gefunden.

713 Freunde

Er hat 713 Freunde. Er ist stolz, denn soeben hat er einen neuen Freund hinzugefügt. Nun sind es 714. Zum Mittag hatte er eine Currywurst. 320 seiner Freunde haben sein Foto geliked. 2 fanden es sogar so gut, dass sie es geteilt haben. Er ist stolz. Susi hat sogar einen Kommentar geschrieben: „Lecker.“
Seit längerem schon will er sie nach einem Date fragen, doch ihr Beziehungsstatus lautete bisher immer „in einer Beziehung“. Jetzt steht dort „Single“. Er wagt es und schreibt ihr eine PM. Sie antwortet nicht. Er hat 713 Freunde. Susi gehört nicht mehr dazu. Sie hat die Freundschaft beendet. Einfach so, mit einem Tastendruck.

Andere Minitexte, die sich auch super für Schreibübungen eignen, sind literarische Schnappschüsse, auch Snapshots genannt, und Webcam-Texte.
Literarische Schnappschüsse sind Momentaufnahmen, die aus nur einem einzigen Satz bestehen. Außerdem besitzt der Satz kein Prädikat (Satzaussage, die mit einem Verb gebildet wird) und auch keine Wertung. Der Schnappschuss ist so neutral wie die Aufnahme mit einer Fotokamera. Ein Webcam-Text hingegen geht noch etwas weiter. Hierbei wird eine Alltagsszene beschrieben, und zwar so neutral wie möglich. Der Text wird im Präsens geschrieben und enthält ebenfalls keine Wertungen.

Selbstverständlich müsst ihr euch bei euren Übungen nicht penibel an die eben genannten Eigenschaften der Snapshots oder Webcam-Texte halten. Ich persönlich mag es, Momentaufnahmen zu schreiben, die, ich gebe es zu, oft ein Prädikat enthalten. Oft versuche ich auch, meine längeren Geschichten in einem einzigen Satz zusammenzufassen. Denn diese Übung hilft enorm, wenn es irgendwann einmal darum geht, den eigenen Roman für den Pitch im Exposé in einem bis drei Sätzen zusammenzufassen.

Für Webcam-Texte könnt ihr zudem durch die Beobachtung eurer Umgebung, egal ob es sich dabei um eure Mitmenschen oder die Natur handelt, Details wahrnehmen, die ihr euch niemals ausdenken könntet. Je mehr dieser Beobachtungen ihr aufschreibt, desto leichter fällt es euch später, in euren literarischen Texten ähnliche Situationen zu beschreiben. Deshalb solltet ihr ab sofort immer ein Notizbuch und einen Stift dabei haben …

Probiert es doch mal aus und berichtet mir davon!

Eure Verena


Tipps & Tricks

Von Hexen, Riesen und Feen: So schreibt man Märchen

Dezember 17, 2016 • von

Geht es euch auch so, dass ihr besonders zur Weihnachtszeit das eine oder andere Märchen zur Hand nehmt, Märchenfilme im Fernsehen schaut oder sogar selbst darüber nachdenkt, einmal ein Märchen zu schreiben? Mir jedenfalls geht es jedes Jahr in der Adventszeit so. Dann erinnere ich mich vor allem an Märchen wie »Die Schneekönigin«, »Frau Holle« oder auch »Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern« und möchte am liebsten sofort zu Stift und Papier greifen. Was also hält mich davon ab? Ganz ehrlich, mir fehlt das nötige Hintergrundwissen zu dieser Textgattung. Um das zu ändern, habe ich mich endlich mal wieder genauer mit den Strukturen und Regeln von Märchen befasst und das, was ich sicher einmal in der Grundschule darüber gelernt habe, aufgefrischt. Und dieses Wissen möchte ich nun mit euch teilen.

Um die Charakteristik dieser beliebten Textgattung zu verstehen, muss man sich zunächst über deren Entstehung im Klaren sein. Klassische Volksmärchen wurden für die mündliche Erzählung erfunden. Sie haben keinen expliziten Autor, sondern das Volk als kollektiven Erzähler. Volksmärchen sind einfach gehaltet und beinhalten viele Wiederholungen. Dadurch konnten sich die Zuhörer (und auch der Erzähler) die Geschichte besser merken und ihr leichter folgen. Sie sind zudem auch für Kinder leicht verständlich und haben einen bildhaften Stil.

Jüngere Märchen, die von Autoren erfunden und niedergeschrieben wurden, bezeichnet man als Kunstmärchen. Sie entstanden vor allem in der Romantik, also ab dem Ende des 18. Jahrhunderts, sind aber bis heute eine beliebte Textgattung. Oft wird in ihnen eine Aussageabsicht umgesetzt oder ein gesellschaftliches Problem angesprochen. Kunstmärchen sind außerdem komplexer in der Struktur als Volksmärchen. Einer der bekanntesten Autoren dieser Art von Märchen ist wohl Hans Christian Andersen.

So sind Volks- und Kunstmärchen charakterisiert

Nun geht es ans Eingemachte. Wenn ihr ein Märchen schreiben wollt, dann solltet ihr euch mit dessen Charakteristik vertraut machen. Eine Möglichkeit besteht darin, verschiedene Märchen zu lesen und zu vergleichen. Ihr könnt aber auch einfach meine Listen zur Hand nehmen:

Volksmärchen

1. Die Ausgangslage besteht darin, dass eine Notlage oder ein Bedürfnis besteht oder eine Aufgabe bewältigt werden muss.
2. Es werden keine komplexen Charaktere beschrieben, sondern Typen. Beispiele hierfür sind der einfältige König, die böse Stiefmutter, das tapfere Schneiderlein etc. Hiermit geht auch die Namensgebung einher. Es werden hauptsächlich Berufs- oder Standesbezeichnungen verwendet.
3. Die Sprache ist schlicht. Kurze Sätze, keine Fremdwörter oder Ironie.
4. Wiederholung, Wiederholung, Wiederholung. Die Zahl Drei ist hier besonders wichtig. Drei Prüfungen werden absolviert, drei Prinzen kämpfen um das Herz der Prinzessin oder dreimal versucht die Hexe das Schneewittchen umzubringen. Dies spiegelt sich auch in den Formulierungen wider: »Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind«.
5. Der Kampf Gut gegen Böse ist essentiell. Das Gute ist durch und durch gut, das Böse durch und durch böse. Das Ende ist nie offen, das Gute muss eindeutig gewinnen. Der Gerechtigkeit wird Genüge getan, indem das Böse bestraft wird.
6. Ort und Zeit bleiben vage. Dies erkennt ihr an Sätzen wie: »Es war einmal …« oder »In einem fernen Königreich«.
7. Der Held oder die Heldin ist stets isoliert. Der Protagonist kann zwar ab und zu Hilfe erhalten, den Großteil des Weges beschreitet er jedoch alleine.
8. Es gibt nur einen Erzählstrang. Der Aufbau ist schlicht und kommt ohne Nebenhandlungen aus. Im Mittelpunkt steht ein einziges Problem oder eine Aufgabe und die Handlung folgt dem Protagonisten, während er diese löst.
9. Wundersame Wesen wie Hexen, Zwerge oder Nixen werden wie selbstverständlich in die gewöhnliche Welt eingebettet. Niemand wundert sich über Drachen, Riesen oder sprechende Tiere.
10. Eine Trennung zwischen Leben und Tod ist nicht zwingend notwendig. Figuren können gefressen und später wieder befreit werden, so wie bei »Der Wolf und die sieben Geißlein«.

Kunstmärchen

1. Kunstmärchen ähneln den Volksmärchen in vielerlei Hinsicht. Sie verfügen über wundersame Elemente, sind eindimensional (ohne Nebenhandlung) und vermitteln eine Moral.
2. Figuren können nun einen Charakter haben.
3. Die Sprache ist nicht so schlicht, sondern weitaus literarischer. Dies schließt auch die Dialoge mit ein.
4. Die Aussage des Textes ist weniger subtil. Oft wird sie verschlüsselt oder verfremdet und muss vom Leser erst entschlüsselt werden. So erscheint die Botschaft weniger wie eine Moralpredigt.
5. In Kunstmärchen werden häufig gesellschaftliche Probleme aufgegriffen.
6. Im Gegensatz zu Volksmärchen verzichten Kunstmärchen oft auf ein gutes Ende.

Märchen sind vor allem für übende Autoren ein gutes Trainingsfeld zum Plotten. Zudem bergen sie eine Vielzahl an Bildern, Symbolen und Motiven. Und natürlich eignen sie sich perfekt für Schreibexperimente oder Schreibspiele in der Gruppe.

Ein lustiges Schreibspiel, die Märchenlotterie, möchte ich euch hier kurz vorstellen.
Als Erstes beschriftet ihr verschiedene Zettel mit Figuren, Orten und Schicksalsschlägen. Orientiert euch hierbei an den klassischen Volksmärchen. Dann legt ihr diese auf drei Haufen. Nun wird aus jeder Kategorie ein Zettel gezogen und daraus ein neues Märchen gebildet. Dieses könnt ihr entweder aufschreiben oder frei drauf los erzählen. So entstehen lustige Konstellationen, wie ein Prinz, der von seinen Eltern im Wald ausgesetzt wurde und in einen Brunnen fällt. Wie soll man diese verzwickte Situation nur auflösen? Auch Kinder werden dieses Spiel lieben!

Wenn ihr jetzt auch Lust bekommen habt, ein Märchen zu schreiben, hoffe ich, euch mit meinen Tipps geholfen zu haben. Ich für meinen Teil werde wohl gleich weiter in die Tasten hauen …

Eure Verena