Kategorien durchsuchen

Schreiben & Lesen

Tipps & Tricks

Wie ihr das Beste aus eurer Rohfassung herausholt

November 19, 2016 • von

Als ich das erste Mal »Ende« unter meine aktuelle Geschichte schrieb, war ich überwältigt. Die Rohfassung war beendet, die Geschichte hatte einen Anfang, eine Mitte, ein Ende und war in meinen Gedanken der am hellsten leuchtende Stern am Geschichtenhimmel. Dann, nach einigen Tagen, wagte ich mich an die Überarbeitung. Etwas, das mir sehr schwerfiel, denn ich wusste schon vorher, dass die Geschichte nicht annähernd so gut geworden war, wie ich es in Erinnerung hatte. Und das muss sie auch gar nicht. Denn die Rohfassung ist nichts anderes als ein erster Entwurf, ein Schatten dessen, was sie einmal werden würde. Denn genau dafür ist die Überarbeitung da – sie soll das Beste aus der Rohfassung herausholen. Und davon möchte ich euch heute berichten.

Bevor ich mit dem Überarbeiten der Geschichte beginnen konnte, musste ich sie mir noch einmal durchlesen. Zu diesem Zweck habe ich sie mit einem fünf Zentimeter breiten Rand ausgedruckt. Ich habe verschiedenfarbige Stifte bereitgelegt, mit denen ich Textpassagen markiert oder gestrichen habe. Und in dem breiten Rand habe ich erste Gedanken zum Inhalt notiert. Am Ende sah das Ganze dann so aus:

ueberarbeitung

Mein leuchtender Stern mutierte vor meinen Augen zum roten Riesen. Aber was genau habe ich da eigentlich angestrichen und an den Rand geschrieben?

Hauptsächlich sind überflüssige Textpassagen, unwichtige Abschweifungen, Figuren und Wiederholungen dem Rotstift zum Opfer gefallen. Am Rand habe ich dagegen vor allem beschreibende Elemente, Details und weitere Aspekte, die mir beim Lesen in den Sinn gekommen sind, notiert.

Textpassagen und Charaktere zu streichen, fiel mir am schwersten. Ich hing so sehr an jedem geschriebenen Wort, an jeder einzelnen Figur – war sie auch noch so unbedeutend –, dass ich mir klar machen musste, warum es notwendig war: Die Rohfassung einer Geschichte ist wie ein Schwamm, der alles aufsaugt, was dem Autor in den Sinn kommt. An sich ist das auch nichts Schlechtes, denn dadurch kommen einem meist die besten Ideen. Doch in der Überarbeitungsphase müssen Abschweifungen, die nichts mit dem eigentlichen Kern der Geschichte zu tun haben, restlos gestrichen werden. Darunter sind manchmal auch wirklich gelungene Szenen.
Hier habe ich einen Tipp für euch: Wir leben im 21. Jahrhundert, ihr könnt solche Szenen also kopieren und abspeichern, um sie für eine andere Geschichte, in der sie besser passen, zu verwenden. So müsst ihr euch nicht endgültig davon trennen. Auch liebgewonnenen Charakteren könnt ihr so später eine zweite Chance geben.

Etwas anders sieht das bei Wiederholungen aus. Das sind zum einen Wortwiederholungen, die den Lesefluss stören, aber vor allem inhaltliche Wiederholungen. Natürlich dürft ihr als Autor absichtlich etwas wieder aufgreifen, solange damit Steigerungen einhergehen. Möchtet ihr beispielsweise zeigen, dass eine Figur sehr eifersüchtig ist, dann sollte sich dieses Verhalten im Laufe der Geschichte steigern. Geschieht eine Wiederholung jedoch, ohne dass ein neues Element hinzugefügt wird, dann ist sie sinnlos und trägt nicht zum Fortschreiten der Handlung bei. Auch in meiner Geschichte gab es ein paar solcher Fälle. Das Gute hierbei war: Ich hatte die Wahl. Ich konnte die Szene beibehalten, die am gelungensten war und die weniger guten Passagen löschen.

Neben dem Streichen einzelner Sätze, ganzer Szenen und liebgewonnener Charaktere hatte ich beim ersten Lesen der Rohfassung auch noch eine weitere Aufgabe. Ich musste darauf achten, ob die Geschichte bereits genug beschreibende Elemente und konkrete Details enthielt, was oft nicht der Fall war. Deshalb schrieb ich alles, was mir hierzu einfiel, an den Rand. Manchmal nur einzelne Wörter, oft aber ganze Sätze. Denn was nützen mir meine Notizen, wenn ich beim eigentlichen Überarbeiten nicht mehr weiß, was ich eigentlich damit sagen wollte? Ein Hoch auf den breiten Rand! Denn der war am Ende ziemlich vollgeschrieben.

Egal wie ihr es angeht. Ob ihr die Geschichte so wie ich ausdruckt oder direkt am Bildschirm Notizen einfügt. Macht euch bewusst, dass es beim Lesen der ersten Fassung nicht darum geht, gleich alles perfekt zu machen. Denn auch nachdem ihr eure Änderungen umgesetzt und eingearbeitet habt, bedarf die neue/zweite Fassung noch weiterer Überarbeitung – schon alleine der Rechtschreibung und Grammatik wegen. Es geht vielmehr darum, dass ihr euch darüber klar werdet, was ihr mit der Geschichte erzählen möchtet und ob dies durch die Handlung und die Figuren auch ausgedrückt wird. Passt etwas nicht zum Kern der Geschichte, muss es entweder gelöscht oder umgeschrieben werden. Fehlen jedoch Elemente, dann müssen sie hinzugefügt werden. Nur so könnt ihr eure Geschichte verdichten und vertiefen und am Ende das Beste aus ihr herausholen. Erst im nächsten Schritt folgen stilistische, grammatikalische und orthografische Änderungen.

Ich hoffe, ich konnte euch mit meinen Tipps ein wenig weiterhelfen. Ihr dürft mir auch gerne schreiben und mir von euren eigenen Erfahrungen berichten oder mich mit Fragen löchern. Ich freue mich, von euch zu hören.

Eure Verena


Quick-Tipps

Quick-Tipp #6

November 6, 2016 • von

quick-tipp6Der erste Satz eines Buches ist wie der erste Eindruck, den man von einem fremden Menschen gewinnt. Deshalb sollte er den Leser von Anfang an in seinen Bann ziehen und in die unbekannte Welt hineinlocken. Wege dafür sind: der klassische Einstieg über einen Erzähler, ein Dialog, eine verblüffende Aussage oder ein Rätsel. Egal wie du es anstellst, sorge dafür, dass der Leser unbedingt weiterlesen will.


Quick-Tipps

Quick-Tipp #5

Oktober 30, 2016 • von

quick-tipp5Wenn du an einer Schreibblockade leidest, heißt das nicht, dass du unfähig bist, denn vielen Autoren geht es früher oder später einmal so. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken, solltest du die Gründe dafür herausfinden. Begib dich also auf die Suche nach der Ursache für deine Schreibblockade und setze dort an, bevor du wieder mit dem Schreiben beginnst. Ausführliche Tipps dazu findest du auf meinem Blog.


Interessantes

»Meine Getanken sint wichtik«

Oktober 15, 2016 • von

Vor ein paar Tagen erhielt ich eine E-Mail von meiner Mutter. Das ist nichts Ungewöhnliches, da sie in Deutschland lebt und ich in der Schweiz. Die Mail enthielt ein paar Informationen zu einem Verein, da sie glaubte, es könne mich interessieren, da ich ja »selbst auch schreibe«. Erwartungsvoll öffnete ich den Mail-Anhang und war begeistert. Sofort schoss mir ein Gedanke durch den Kopf: »Das muss ich teilen!« Und wo geht das besser, als auf meinem Blog? Und deshalb soll es heute um den Verein »Die Wortfinder e.V.« gehen.

Die Wortfinder e.V.

Menschen in besonderen Lebenslagen zu unterstützen und zu fördern, ist eine wichtige Aufgabe, die von unserer Gesellschaft immer häufiger wahrgenommen wird. Und das ist auch gut so. Doch dass das kreative Schreiben und die Literatur sowie die damit zusammenhängende künstlerische Gestaltung dieser besonderen Menschen gefördert wird, davon hatte ich bis dato noch nie gehört. Um so mehr hat es mich als passionierten Schreiberling begeistert, dass der gemeinnützige Verein »Die Wortfinder e.V.« genau dies tut.

Der Verein arbeitet beispielsweise mit Menschen mit geistiger Behinderung, Menschen mit autistischen Störungen, Menschen mit Demenz oder Menschen im Hospiz, mit Jugendlichen in Heimen oder mit obdachlose Menschen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt aber bei Menschen mit einer so genannten geistigen Behinderung.

Um seine Ziele zu verwirklichen, richtet der Verein Literaturwettbewerbe aus, veranstaltet Lesungen, initiiert Schreibwerkstätten, fördert Publikationen, unterstützt Forschungsprojekte, führt Seminare durch und leistet Öffentlichkeitsarbeit.
Im Laufe der vergangenen drei Jahre führte der Verein für die Zielgruppe der Menschen mit einer geistigen Behinderung einen dreiteiligen Literatur- und Kunstwettbewerb unter dem Thema »Fragen & Antworten« durch. Hierfür konnten zunächst Fragen jedweder Art eingereicht werden. Insgesamt kamen dabei rund 2500 Fragen zusammen, von denen rund 1000 Fragen anschließend in die zweite Runde gingen.
Nun waren Antworten gesucht. Knapp 3000 Texte von mehr als 300 Autoren zwischen acht und 88 Jahren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum wurden eingereicht. Aus diesen Texten suchte eine 20-köpfige Jury diejenigen aus, die in einem Buch veröffentlich werden sollten.
Im dritten Teil des Wettbewerbs konnten sich schließlich KünstlerInnen mit einer geistigen Behinderung um die Illustration der Bücher bewerben. Aus 170 Bewerbungen wurden 20 Künstler aus Deutschland, der Schweiz und Österreich ausgewählt. Sie fertigten mehr als 500 Illustrationen zu den Texten an. Die zahlreichen Beiträge führten schließlich dazu, dass nicht nur ein Buch, sondern eine vierteilige Buchreihe herausgegeben wurde.

Die Bücher heißen:
Buch 1: »Meine Getanken sint wichtik«
Buch 2: »Und die Welt klingt wie Musik«
Buch 3: »Wenn man verliebt ist, wird das Herz ganz rot«
Buch 4: »Warum steht das Reh im Wald?«

wortfinder_buchseite

Auf der Website des Vereins könnt ihr euch weitere Beispielseiten aus den Büchern anschauen. Es lohnt sich, denn es sind viele, eindrückliche Texte im Verlauf des Wettbewerbs entstanden.

Ein großer Wunsch des Vereins ist es, dass die Texte von einem großen, breiten Publikum wahrgenommen und gelesen werden. Denn eine erfolgreiche Inklusion setzt voraus, dass wir nicht nur den Menschen begegnen, sondern auch ihren Gedanken und Gefühlen.
Damit diese Begegnung bereits frühzeitig stattfinden kann, möchte der Verein die Bücher in die allgemeinbildenden und die inklusiv arbeitenden Schulen bringen. Aus diesem Grund ruft er zu einer Schulbuchspendenaktion auf. Alle Infos dazu findet ihr hier.
Falls ihr das Projekt unterstützen möchtet, freut sich der Verein über eine Spende. Gerne dürft ihr auch diesen Beitrag teilen, damit möglichst viele Menschen von dem Verein und der wichtigen Arbeit, die er leistet, erfahren.

Auch für die nächsten Jahre gibt es bereits Pläne. So plant der Verein eine Wanderausstellung mit ausgewählten Texten und Illustrationen. Zudem soll eine inklusive Schreibwerkstatt für Menschen mit & ohne Behinderung angeboten werden.

Ich finde, das ist eine tolle Sache und bin zutiefst berührt, dass es Menschen gibt, die diese wichtige Arbeit leisten. Chapeau! Denn die »Getanken sint wichtik«.

Eure Verena


#buchpassion

#buchpassion – Mein Bekenntnis zum Buch

September 10, 2016 • von

Eigentlich sollte ich diesen Artikel eher »Mein Bekenntnis zum geschriebenen Wort« nennen, denn ich möchte euch im Zuge der Aktion, die von Janine auf ihrem Blog ins Leben gerufen wurde, etwas über meine Schreibleidenschaft erzählen. Ohne mein Faible für Bücher hätte diese Leidenschaft wahrscheinlich nie Besitz von mir ergriffen, also hat es am Ende doch etwas mit Büchern zu tun.

Wie alles begann …

Meine Leseleidenschaft begann bereits in der Grundschule, als unsere Klassenlehrerin mit uns die Kinderbibliothek besuchte. Die bis oben hin gefüllten Bücherregale kamen mir unfassbar groß und die Auswahl an Büchern riesig vor. Ihr müsst dazu wissen, dass ich ein sehr kleines Kind war. So kam mir im Alter von sieben oder acht Jahren eigentlich alles riesig vor, was höher als ein Tisch war. Im Nachhinein betrachtet waren die Regale wahrscheinlich nicht größer als ein normales Sideboard, schließlich mussten ja alle Kinder gut an die Bücher herankommen. Dennoch beeindruckte mich der Anblick der vielen Bücher nachhaltig und die Leseecke lud zum Verweilen ein. Ich konnte mich mit Büchern wie »Das doppelte Lottchen«, »Ronja Räubertochter« oder »Das kleine Gespenst« in eine Fantasiewelt zurückziehen und ganz Kind sein. Die Figuren in den Büchern wurden zu meinen Freunden und ich stellte mir oft vor, mit ihnen zu reden. Andere haben in dem Alter imaginäre Freunde, ich hatte – neben meinen realen Schulfreunden – Bücher-Freunde. In den folgenden Jahren war ich nicht nur regelmäßiger Gast der Kinderbibliothek, um in der Leseecke in den Büchern zu schmökern, ich lieh mir auch allerhand Bücher aus. Wenn ich daran zurückdenke, werde ich sogar ein wenig neidisch ob der Zeit, die ich damals fürs Lesen hatte – oder mir einfach neben der Schule, dem Sportverein und dem Spielen mit Freunden genommen habe. Heute lese ich bei Weitem nicht mehr so viel. Dafür gehe ich meiner neuen Leidenschaft – dem Schreiben – umso intensiver nach.

… und wie es heute ist

Die Passion fürs Schreiben entwickelte sich irgendwie ganz natürlich aus dem vielen Lesen, denn, wer viele Geschichten liest, dem fällt es irgendwann auch leicht, sich eigene auszudenken. So ging es jedenfalls mir. Ich fing an, Gedichte zu schreiben, zuerst für Muttertagskarten, die ich meiner Mutter dann auch stolz auswendig vortrug, später führte ich ein Tagebuch, das irgendwann nur noch aus Gedichten und Geschichtenschnipseln bestand. Auch meine Geschwister blieben von meinen selbst ausgedachten Geschichten nicht verschont. Ich erinnere mich daran, meinem jüngeren Bruder eine kleine Geschichte inklusive selbst gemalten Bildern geschenkt zu haben. Neben den Geschichten, die ich weitestgehend für mich selbst verfasste, schrieb ich auch einen Teil unserer Jahrgangsabschlusszeitung und beteiligte mich im Unterrichtsfach »Darstellendes Spiel« – mein Wahlfach anstelle von Kunst oder Musik – mit kleinen Textbeiträgen an den Theateraufführungen.
Inzwischen arbeite ich als Texterin, schreibe Artikel und führe seit etwas mehr als einem Jahr diesen Blog, der euch mit allerlei Tipps rund ums Schreiben versorgt.

Mein Wunsch für die Zukunft

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass vor allem Kinder und Jugendliche (wieder) mehr lesen. Denn Lesen ist eine der schönsten (Neben-)Sachen der Welt. Lesen beflügelt die Fantasie und lässt uns in fremde Welten abtauchen. Gerade bei Kindern fördert es enorm die Sprachkompetenz, erweitert den Wortschatz und unterstützt die Entwicklung der Sozialkompetenz. Denn wenn sich ein Kind gut auszudrücken weiß, kann es Probleme mit Sprache lösen – eine beinahe ebenso wichtige Kompetenz wie das Lesen selbst. Außerdem hilft das Lesen den Kindern, sich besser zu konzentrieren und sich in der schnelllebigen Welt von heute, länger als einen Wimpernschlag mit einer Sache zu beschäftigen.

Kurzum: Lesen bildet. Und weil das so ist, ist es meiner Meinung nach egal, welches Buch von einem Kind gelesen wird, solange es dem Alter entspricht. Leider werden Kinder bereits in der Grundschule darauf getrimmt, nur bestimmte Bücher zu lesen. Es gibt Leselisten, die abgearbeitet werden müssen, ohne auf die individuellen Interessen des jeweiligen Kindes zu achten. Kein Wunder also, dass so vielen Kindern die Lust auf das Lesen in der Freizeit vergeht. Kinder dazu zu zwingen, ein bestimmtes Buch zu lesen, entfernt sie eher von der Literatur. Ich finde es deshalb wichtig, Kindern und Jugendlichen mehr Freiheiten bei der Auswahl der Lektüre zu lassen. Wichtig ist doch, dass sie überhaupt lesen, oder?

Und genau deshalb hoffe ich, dass es in Zukunft wieder mehr Autoren wie Erich Kästner, Astrid Lindgren oder Otfried Preußler gibt, die Kinder mit ihren Geschichten in ihren Bann ziehen und auch bei zukünftigen Generationen eine #buchpassion entfachen.

In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen, Schreiben oder mit beidem.

Eure Verena