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Verena

Rezensionen, Schreiben & Lesen

Rezension zu »Im Hause Longbourn«

Mai 29, 2017 • von

Titel: Im Hause Longbourn
Autor: Jo Baker
Verlag: Penguin Verlag
Einband: Taschenbuch
Seiten: 448
Alter: keine Altersempfehlung
ISBN: 978-3-328-10027-0
Preis: CH: 14,90 CHF/D: 10,00 €/A: 10,30 €
Erscheinungsdatum: 11.10.2016/Originalausgabe: 2013

Klappentext auf dem Taschenbuch:

Eine mächtige Familie und ihre Dienstboten. Und ein Haus, das alle Geheimnisse kennt.

Während oben in den Salons von Longbourn die Töchter der Familie Bennet überlegen, wie sie die reichen Junggesellen Mr Bingley und Mr Darcy einfangen können, müht sich unten in den Diensträumen das Hausmädchen Sarah über Wäschebottichen und Töpfen ab und träumt dabei von einem anderen, aufregenderen Leben. Als ein neuer Hausdiener im Herrenhaus auftaucht, scheint er wie die Antwort auf ihre Stoßgebete. Doch James hütet ein Geheimnis von großer Sprengkraft. Es könnte das Leben auf Longbourn für immer verändern.

Zur Autorin:

Jo Baker wurde in Lancashire geboren und studierte an der Oxford University und der Queen’s University in Belfast, wo sie ihre Leidenschaft fürs Schreiben entdeckte. Seither veröffentlichte sie fünf Romane, die ihr in der Presse viel Lob einbrachten. Mit »Im Hause Longbourn« gelang ihr der internationale Durchbruch. Jo Baker lebt mit ihrer Familie in Lancaster. (Quelle: www.buch.ch und Angaben im Buch.)

Kurze Zusammenfassung:

Das Buch »Im Hause Longbourn« ist ein historischer Roman, der an »Stolz und Vorurteil« von Jane Austen anknüpft und das Leben und Arbeiten der Dienstboten des Hauses näher beschreibt. Es ist in drei Bände unterteilt und den einzelnen Kapiteln ist jeweils ein Zitat aus »Stolz und Vorurteil« vorangestellt.

Der erste Band stellt hierbei eine Einführung in die Handlung und der Charaktere dar. Erste Konflikte werden sichtbar.

Im zweiten Band nimmt die Handlung Fahrt auf, Beziehungen werden geknüpft, die Liebesgeschichte zwischen Sarah und James wird zum zentralen Thema.

Im dritten Band wird schließlich alles Bisherige auf den Kopf gestellt. Die Vergangenheit wird aufgelöst und schlägt eine Brücke zu dem, was der Leser bereits in den ersten beiden Bänden erfahren hat. Am Ende wird natürlich alles gut, aber wie, möchte ich euch an dieser Stelle nicht verraten.

Schöne Geschichte, aber eine etwas zu langatmige Handlung …

Da ich ein riesiger Fan der Bücher von Jane Austen bin, habe ich mich sehr auf Jo Bakers »Im Hause Longbourn« gefreut. Ich war überaus gespannt darauf, wie die Autorin das Leben der Dienstboten der Familie Bennet aus »Stolz und Vorurteil« beschreiben würde und welche Irrungen und Wirrungen sie sich für sie ausgedacht haben mochte. Da die Dienstboten selbst in der Romanvorlage nur einmal kurz erwähnt wurden, gab es hier viel Raum für eigene Ideen und Entfaltung. Was die Charaktere, die Geschichte im Allgemeinen und den Stil anging, wurde ich auch durchaus nicht enttäuscht. Doch die langatmige Handlung, die andauernden Wiederholungen und die teilweise lieblose Darstellung der (für mich so geliebten) älteren Bennet-Schwestern ließen mich das Buch nicht so genießen, wie ich es gerne getan hätte. Aber eins nach dem anderen …

Die Charaktere des Buches, zumindest die der Dienstboten, haben mir gut gefallen. Zunächst lernt der Leser Mr und Mrs Hill, Sarah und Polly kennen, die im Haushalt der Bennets alle Hände voll zu tun haben. Als mitten im Dienstjahr unerwartet James auftaucht, wird er, aus Gründen, die erst später aufgeklärt werden, als Hausdiener eingestellt. Er kümmert sich um die Pferde, bedient die Familie und ihre Gäste und nimmt vor allem Sarah sehr viel Arbeit ab. Er scheint von Anfang an in Sarah verliebt zu sein, warum das so ist, wird aber (leider) nicht wirklich klar. Sarah ihrerseits möchte zwar James’ Aufmerksamkeit erlangen, fühlt sich zunächst aber eher zum Diener der Bingleys hingezogen …
Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da ich euch nicht spoilern will. Bis auf kleinere Schwächen in der Charaktertiefe fand ich die handelnden Personen und ihre Beweggründe einigermaßen nachvollziehbar. Ich konnte vor allem mit Mrs Hill und Sarah mitfühlen. Als die Vergangenheit von James aufgedeckt wurde, habe ich auch seinen Charakter liebgewonnen.

Die Darstellung einiger Bennets gefiel mir hingegen weniger gut. Ich gehe zwar vollkommen konform damit, dass es für die Hausmädchen keine schöne Angelegenheit ist, die dreckige Wäsche der Herrschaften zu waschen, mit allen Ausdünstungen und Körperflüssigkeiten, die man sich vorstellen kann. Doch vor allem Elizabeth wurde für meine Begriffe sehr negativ dargestellt. Sie erschien mir sehr sprunghaft in ihrem Wesen. Irgendwie war sie für mich nicht die Elizabeth, die ich durch die Vorlage in Erinnerung hatte. Das mag auch der Beziehung geschuldet sein, die Dienstboten und Herrschaft miteinander verbindet. Doch irgendwie hat mich das gestört …
Mr Collins hingegen wurde etwas positiver als im Original beschrieben und Wickham bekam vollends sein Fett weg. (Achtung Spoiler: Ihm wird sogar eine pädophile Neigung angedichtet. Jedenfalls sehe ich das so, denn er macht sich an Polly ran, die im Buch durchweg als Kind dargestellt wird und deshalb nicht älter als zwölf sein kann. Das habe ich aus dem Original so nicht in Erinnerung.)
Auch für Mr Bennet und Mrs Hill hat sich Jo Baker etwas Besonderes einfallen lassen. Diese Geschichte hat der Beziehung zwischen Mr und Mrs Bennet nochmal eine ganz neue Sichtweise verliehen.

Während der Leser den Hausangestellten durchs Jahr folgt, werden auch immer wieder Parallelen zu »Stolz und Vorurteil« gezogen. Wer Jane Austens Klassiker kennt, weiß stets, an welcher Stelle des Buches er sich gerade befindet. Ich fand dies an einigen Stellen jedoch zu vordergründig. Hier hätte ich es schöner gefunden, wenn es noch mehr im Hintergrund abgelaufen wäre. Das hätte das Buch auch um einiges kürzer gemacht und die langatmige Handlung gestrafft. Wo ich auch schon bei meinem Hauptkritikpunkt wäre: die langgezogene Handlung.

Die Geschichte an sich hat mir zwar gut gefallen, doch sie war an einigen Stellen schlicht weg zu lang(weilig). Vor allem am Anfang passiert einfach nichts. Es wird nur beschrieben, wie sie tagein, tagaus waschen, putzen, gelangweilt am Kamin sitzen und warten, dass die Bennets endlich schlafen gehen. Ich weiß, das Leben der Angestellten war nun einmal so. Und in deren Alltag passierte nicht ständig etwas. Aber hier wäre meiner Meinung nach weniger mehr gewesen. Die Tatsache, dass so ziemlich jeder Tag der Angestellten gleich aussieht, wäre dem Leser auch so klar geworden.

Diese Stellen waren es leider auch, weswegen ich das Buch immer wieder beiseitegelegt und einige Tage nicht mehr angerührt habe. Ich hatte einfach keine richtige Lust weiterzulesen. Doch dann wuchs wieder die Neugier, zu erfahren, wie es mit den Charakteren weitergeht, und dann habe ich es doch wieder zur Hand genommen. Denn gegen die Geschichte kann man im Großen und Ganzen nichts sagen. Alle offenen Fragen wurden aufgelöst und vor allem die Passagen zu James’ Vergangenheit haben seinem Handeln einen Sinn gegeben.

Dem Ende der Geschichte stehe ich etwas zwiegespalten gegenüber: Jo Baker ließ die Handlung zwar über das Ende der Vorlage hinauslaufen, doch auch hier war es mir zu langatmig. Das »richtige« Ende war mir dann aber wiederum zu kurz. Das darauffolgende Kapitel »Finis« erscheint abschließend wie ein Epilog. Der Leser erfährt, wie es mit den Figuren weitergeht, was das sehr abrupte Ende von vorher wieder etwas relativiert. Wie ihr seht, hatte ich hier eher gemischte Gefühle.

Der Schreibstil von Jo Baker war flüssig und leicht zu lesen, an einigen Stellen musste ich sogar schmunzeln und ich wurde an den unterschwelligen Humor von Jane Austen erinnert. Dennoch kommt Bakers Stil nicht ans Original heran, aber das muss er auch gar nicht. Bakers Stil hatte etwas Eigenes, was ich sehr mochte.

Fazit:

Wer gerne einen sehr gut recherchierten, historischen Roman über das Leben und Schaffen der Dienstboten des frühen 19. Jahrhunderts lesen möchte, ist mit diesem Roman gut beraten. Denn dass die Autorin hierfür sehr viel recherchiert hat, wurde beim Lesen sehr deutlich. Manchmal kam es mir sogar so vor, als wolle sie unbedingt ihr ganzes Wissen in dieses Buch quetschen. Die Geschichte und die Figuren gingen dabei leider manchmal etwas unter. Wer einen Roman à la Jane Austen erwartet, der wird deshalb leider etwas enttäuscht. Für sich genommen ist die Geschichte jedoch lesenswert, wenn auch sehr langatmig. Als Sommer-Schmöker aber durchaus passabel.


Lifestyle, Mädchenecke

Haarewaschen mit Haarseife

Mai 10, 2017 • von

Heute möchte ich euch von einem Thema erzählen, das mich inzwischen mehrere Jahre begleitet: Haarewaschen mit Haarseife. Ich habe damit aus ganz praktischen Gründen angefangen, finde inzwischen aber auch die Umweltaspekte und die Unterstützung kleinerer Shops durch die Nutzung von Haarseife positiv.

Angefangen hat alles im Jahr 2014, als ich plötzlich extrem juckende und suppende Kopfhaut bekam. Also wechselte ich das Shampoo – mehrmals, doch es änderte sich nichts. Heute weiß ich, dass es neben der allergischen Reaktion, die das Shampoo verursachte, wohl auch mit dem Stress zu tun hatte, unter dem ich damals stand, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Beitrag …

Ich fing also an, verschiedene Shampoos auszuprobieren, merkte aber schnell, dass dies nichts bringt. Also machte ich mich im Internet auf die Suche nach Alternativen. Was soll ich sagen? Es gibt Unmengen an Produkten, die man statt Shampoo zum Haarewaschen verwenden kann. Wie haben das wohl die Menschen früher gemacht, als die Industrie noch kein Shampoo erfunden hatte? Nun, sie wuschen ihre Haare u.a. mit Wasser, mit aufgequollenem Roggenmehl oder eben mit hand- oder kaltgerührter Seife.

Haarseife – was ist das?

Eines vorweg: Haarseife ist nicht dasselbe wie festes Shampoo bzw. Shampoobars. Ich spreche aus Erfahrung, denn statt mir Haarseife zu besorgen, kaufte ich mir als erstes festes Shampoo, wodurch sich jedoch meine Kopfhautprobleme nur verschlimmerten …

Nachdem ich mich ausgiebig informiert hatte, erkannte ich meinen Fehler schnell: Der Unterschied liegt in der Zusammensetzung. Während ein Shampoobar lediglich festes Shampoo ist und somit dieselben Inhaltsstoffe besitzt wie flüssiges Shampoo, wird Haarseife aus Natronlauge und Fetten bzw. Ölen hergestellt. Sie werden vermischt und verrührt und reagieren im darauf folgenden Verseifungsprozess miteinander. Das beim Verseifen entstehende Glyzerin verbleibt in der Seife, denn es besitzt hautpflegende Eigenschaften. Je nach Menge der enthaltenen Öle und Fette, die im Verhältnis zur Natronlauge in der Rezeptur enthalten sind, wird eine Überfettung erzeugt. Diese überschüssige Menge an Ölen und Fetten, zum Beispiel Sonnenblumenöl, Olivenöl, Avocadoöl, Sheabutter etc., dient der Pflege. Die Überfettung von Haarseife liegt meist bei 2,5 % bis 5 %, bei Dusch- oder Waschseife ist sie oft höher, da die Haut mehr Pflege benötigt. Ich habe mir aber auch schon mit 12 % überfetteter Seife die Haare gewaschen, ohne dass sie fettig wurden.

Genug der Theorie – wie wäscht man sich mit Seife die Haare?

Auch das musste ich erst herausfinden. Durch die jahrzehntelange Nutzung von silikonhaltigem Shampoo hatte sich dieses über mein Haar gelegt und musste erstmal rausgewaschen werden (wodurch, nebenbei bemerkt, kaputte Längen und Spitzen zum Vorschein kamen, die erstmal abgeschnitten werden mussten). Dazu eignen sich silikonfreie Shampoos oder ein bis zwei Natronwäschen.

Trotz der Vorbereitung meiner Haare auf die Wäsche mit Haarseife waren die ersten Versuche damit nicht sehr zufriedenstellend. Meine Längen waren verklebt und fühlten sich, gelinde gesagt, eklig an. Aber meiner Kopfhaut ging es besser. Also begann ich, herumzuexperimentieren und meine Waschtechnik zu ändern. So fand ich bald die drei wichtigsten Grundsätze beim Waschen mit Haarseife für mich heraus:

  1. Die Haare müssen klitschnass sein. Wirklich. Richtig, richtig nass. Auch die Seife darf kurz in einer Schüssel mit Wasser »anweichen«. 2 bis 3 Minuten genügen, sie soll sich ja nicht auflösen.
  2. Die Seife in der Hand aufzuschäumen, bringt gar nichts. Besser ist es, mit dem Seifenstück direkt über die Kopfhaut zu fahren und die Seife anschließend aufzuschäumen.
  3. Die Längen müssen nicht mit eingeschäumt werden. Das gilt aber nur bei langen Haaren. Kurze Haare können komplett eingeseift werden. (Ich mache dazu einen mittelhohen, geflochtenen Zopf am Hinterkopf, damit keine Seife an die Längen kommt.)

Solange man mit Shampoo wäscht, fällt es einem nicht auf, aber die Industrie macht es uns leicht. Die Inhaltsstoffe in den Shampoos sorgen dafür, dass man nachlässig wird. Ein Shampoo nicht richtig aufzuschäumen, ist fast nicht möglich, da es durch die enthaltenen Tenside beinahe von alleine schäumt. Bei Seife ist das nicht so. Man braucht Geduld und Zeit und viel, viel Wasser. Und man muss sie wirklich gut aufschäumen. Bei richtiger Technik entstehen wahre Schaumberge auf dem Kopf, die dazu genauso herrlich duften wie bei industriellem Shampoo.

Anschließend wird der Schaum ausgespült und läuft dabei auch die Haarlängen hinab, die vorher ausgespart wurden. Eine Komplettwäsche, in der ich alle Haare einschäume, also auch die Längen, mache ich nur alle paar Wochen einmal. Denn bei meiner Haarlänge würde ich sonst Unmengen an Seife verbrauchen. Außerdem benötigen die Längen mehr Öle als die Kopfhaut. Zu diesem Zweck verteile ich in den Längen lieber mal eine Haarkur oder eine Spülung.

Um die Schuppenschicht der Haare nach dem Waschen zu schließen, sollte man eine abschließende saure Spülung mit Essig- oder Zitronenwasser machen. Das ist auch in Gegenden mit hartem Wasser ein guter Tipp, um sogenannte Kalkseife¹, die sich in den Haaren absetzt, zu vermeiden. Ich habe jedoch gemerkt, dass es trotz sehr hartem Wasser bei mir nicht notwendig ist. Zum einen ist in den meisten Haarseifen bereits Zitronensäure eingearbeitet, zum anderen mochte meine Kopfhaut die saure Spülung nicht besonders. Ich spüle deshalb nur noch mit lauwarmem oder kaltem Wasser nach, um die Schuppenschicht zu schließen.

Inzwischen geht es meiner Kopfhaut und meinen Haaren wieder sehr gut und sie wachsen ohne Ende. Ich werde deshalb mein Leben lang weiter Haarseife verwenden, nutze aber auch ab und an mal ein mildes Shampoo aus der Naturkosmetik – vor allem an Tagen, an denen ich etwas faul bin …

 Wo kann man Haarseife kaufen?

Haarseife ist kein Industrieprodukt! In einer Drogerie bekommt man sie deshalb nicht. Wer gerne auf Mittelalter- oder Handwerkermärkten unterwegs ist, kann sich dort danach umschauen. Der einfachste und schnellste Weg ist jedoch das Internet.

Ich selbst kaufe meine Haarseife bei der Seifensiederin meines Vertrauens hier in der Schweiz. Es gibt aber sowohl hier als auch in Deutschland und Österreich zahlreiche kleine Online-Shops. Hier eine Auswahl an Shops, bei denen ich auch schon Seife bestellt habe und die ich deshalb empfehlen kann:

Die Seifensiederin
Toggenburger Naturseifen
Steffis Hexenküche
Savion

Falls ihr jetzt Lust habt, es selbst auszuprobieren, oder falls ihr bereits selbst Haarseife nutzt, dann erzählt mir doch davon in den Kommentaren.
Wenn ihr einen detaillierten Bericht zu meiner Waschtechnik oder Erfahrungsberichte zu einzelnen Seifen lesen möchtet, könnt ihr mir auch das in den Kommentaren mitteilen. Bei Fragen könnt ihr mir aber auch eine E-Mail schicken. Ich helfe gerne weiter. Ich freue mich, von euch zu hören!

Eure Verena

 

1 Infos zu Kalkseife findet ihr hier.


Rezensionen

Dystopie, Krimi und Lovestory – Rezension zu Water & Air

April 8, 2017 • von

Titel: Water & Air
Autor: Laura Kneidl
Verlag: Carlsen
Einband: Softcover
Seiten: 480
Alter: ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-551-31544-1
Preis: CH: 17,90 CHF/D: 12,99 €/A: 13,40 €
Erscheinungsdatum: März 2017

Klappentext:

Seit dem Anstieg der Meeresspiegel leben die Menschen in Kuppeln unter Wasser oder in der Luft. Mit ihren achtzehn Jahren hat Kenzie noch nie die Sonne gesehen und ihr Leben in der Wasserkolonie unterliegt strengen Normen. Schließlich hält sie es nicht mehr aus und flieht in eine Luftkolonie, um dort einen Neuanfang zu wagen. Doch dann wird sie zur Hauptverdächtigen in einer mysteriösen Mordserie und nur Callum mit dem geheimnisvollen Lächeln hält zu ihr. Aber nicht nur den beiden droht Gefahr, auch das Schicksal der gesamten Kolonie steht auf dem Spiel.

Zur Autorin:

Laura Kneidl schreibt Romane über unverfrorene Dämonen, rebellische Jäger, stilsichere Vampire und uniformierte Luftgeborene. Sie wurde 1990 in Erlangen geboren und entwickelte bereits früh in ihrem Leben eine Vorliebe für alles Übernatürliche. Inspiriert von zahlreichen Fantasy-Romanen begann sie 2009 an ihrem ersten eigenen Buchprojekt zu arbeiten, seitdem wird ihr Alltag von Büchern, Katzen, Pinterest und Magie begleitet. (Quelle: Amazon.de)

Weitere Infos unter www.laura-kneidl.de.

Eine fesselnde Lektüre, die zum Nachdenken anregt

Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch die Autorin selbst, da ich ihr auf Twitter und Facebook folge. Durch ihre mehrmaligen Ankündigungen und wohldosierten Informationen zur Geschichte hat sie mich extrem neugierig darauf gemacht, sodass ich es mir Ende Februar bestellte.
Das Cover fand ich bereits auf den Bildern, die ich vorher gesehen habe, sehr ansprechend. Als ich das Buch dann aber in Händen hielt, fielen mir die einzelnen Ornament-Zeichnungen auf, die sich durch das gesamte Buch zogen – was ich sehr schön fand. Da sieht man mal wieder, wie wichtig auch die Verpackung sein kann. Ein ansprechendes Äußeres macht definitiv auch Lust darauf, ins Innere zu schauen.

Und das hatte es in sich – der Klappentext hat hier definitiv nicht zu viel versprochen. Zunächst lernt der Leser die 18-jährige Kenzie kennen, die in einer Kuppel im Meer aufwächst. Eingeschlossen von Wasser, spiegelt die Kolonie Kenzies Leben wider. Auch sie fühlt sich eingesperrt. Die Zukunft, die sie sich erträumt, wird von dem System, in dem sie lebt, nicht gestattet. Sie kann sich nicht frei entfalten und dem Beruf nachgehen, den sie sich wünscht. Frauen sind dazu da, die Kolonie durch Nachwuchs am Leben zu erhalten, auf dem Feld zu arbeiten oder sonst eine niedere Arbeit zu verrichten. Wer dem nicht nachkommt, der wird aufs Festland verbannt, das jedoch keine Lebensgrundlage mehr bietet und somit den sicheren Tod bedeutet.
Doch Kenzie will sich diesem Schicksal der Verbannung, das ihr – nicht nur wegen ihres Berufswunsches, sondern auch wegen eines schrecklichen Geheimnisses, das ich hier nicht verraten möchte – bevorsteht, nicht beugen. Und so flieht sie in einem günstigen Moment in die Luftkolonie. Aber auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Mit dem Auftauchen von Kenzie geschehen plötzlich mysteriöse Morde, für die sie verantwortlich gemacht wird. Nur Callum glaubt an ihre Unschuld. Er ist Mitglied des Rates der Luftkolonie, Beauftragter der Sicherheit – eine Art Polizei – und setzt sich für sie ein.
Ab hier nimmt die Geschichte Fahrt auf. Die Dystopie wird immer mehr zum Krimi gemischt mit einer sich langsam entwickelnden Liebesgeschichte zwischen Kenzie und Callum. Die beiden machen es sich zur Aufgabe, die Morde aufzuklären und Kenzies Unschuld damit ein für alle Mal zu beweisen. Doch ihre Spuren verlaufen jedes Mal im Sande und Verdächtige stellen sich als »unschuldig« heraus – zumindest, was die Morde angeht. Auch als Leser wurde ich mehr als einmal auf die falsche Fährte geführt. Immer wenn ich dachte, jetzt weiß ich, wer der Mörder ist, wurde ich eines Besseren belehrt.
Am Ende der Geschichte überschlagen sich die Ereignisse, was dazu geführt hat, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Hätte ich mehr Zeit zum Lesen gehabt, hätte ich es vermutlich an einem Tag verschlungen, so hat mich die Geschichte drei Tage lang begleitet. Und ich habe es nicht bereut.

Laura Kneidl hat mich mit diesem Buch in eine mögliche Zukunft dieser Welt entführt, die definitiv zum Nachdenken anregt. Hintergrundinformationen werden nach und nach eingestreut, so dass es einem beim Lesen fast nicht auffällt. Und die Figuren und ihre Handlungen waren sehr gut nachvollziehbar.
Kenzie ist nicht das typische Mädchen, das man oft in Büchern findet. Sie wartet nicht darauf, dass ihr Prinz kommt und sie rettet. Sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand. Am Anfang hat mich allerdings die Darstellung von Callum etwas gestört, er ist »scheinbar« perfekt, sieht gut aus und ist zugleich mysteriös. Dahinter steckt jedoch auch bei ihm ein Geheimnis. Nachdem dieses offenbart wurde, hat sich meine Meinung über ihn geändert. Ich konnte ihn nun besser verstehen. Der schöne Schein zeigte sich also nicht nur bei den Kolonien, sondern auch bei den Figuren, eine Tatsache, die sich wie ein roter Faden durch die ganze Geschichte zieht.

Der Schreibstil von Laura Kneidl ist flüssig, weshalb sich das Buch sehr angenehm lesen lässt. Sehr gut fand ich außerdem, dass in der Geschichte auch Themen wie Drogen, Homosexualität und der Umgang mit älteren Menschen angesprochen werden. Eigentlich Themen, für die ein einziges Buch nicht ausreicht. Das Einzige, was für mich ein wenig zu kurz kam, ist die Wasserkolonie. Hier hätte ich gerne noch etwas mehr erfahren, zum Beispiel über die medizinische Versorgung. Aber das tut der Geschichte überhaupt keinen Abbruch. Denn sie ist wirklich gelungen, fesselnd, spannend und regt zum Nachdenken an. Vielen Dank, Laura Kneidl, für diese schönen Mußestunden mit Kenzie und Callum.


Interviews

Für Kinder schreiben: Interview mit der Kinderbuchautorin Anja Kiel

März 4, 2017 • von

Für Kinder zu schreiben, ist mindestens genauso schwer wie für Erwachsene. Vielleicht sogar noch schwerer. Und trotzdem gibt es immer wieder mutige Autorinnen und Autoren, die diese Herausforderung annehmen und bereits den Jüngsten mit ihren Geschichten ein Lächeln auf die Lippen zaubern und sie in fremde Welten entführen.

Anja Kiel ist eine von ihnen. Sie wurde 1973 in Tübingen geboren, studierte Kunstgeschichte, Angewandte Kulturwissenschaften und Philosophie in Münster, absolvierte ein Volontariat bei der Zeitschrift Prinz in Duisburg – und wollte eigentlich Malerin werden. Oder Köchin. Oder Ballerina. Zum Glück wurde daraus nichts, denn eines Tages überredete ihre Mutter, die Autorin Inge Meyer-Dietrich, sie dazu, mit ihr das Buch »Die Hüter des Schwarzen Goldes« zu schreiben. Seither arbeitet sie als Kinderbuchautorin.

Ich bin sehr glücklich, dass sich Anja dazu bereit erklärt hat, mir in diesem Interview Rede und Antwort zu stehen und bin mir sicher, dass ihre Antworten nicht nur mich brennend interessieren.

Textkritzeleien Blog: Anja, wie genau kam es dazu, dass dich deine Mutter überzeugen konnte, mit ihr ein Buch zu schreiben, und wann war das?

Anja Kiel: Das muss vor 2009 gewesen sein. Ich hatte einige Jahre als Gästeführerin auf der Zeche Zollverein in Essen gearbeitet und wusste daher eine ganze Menge über das Thema Bergbau. Gleichzeitig hatte ich mit dem Schreiben als Journalistin begonnen – als freie Autorin für eine Veranstaltungs- und Kulturzeitschrift. Inge hatte schon länger geplant, einen Roman über die »Schwarzmännchen« zu schreiben, sagenhafte Zwerge, die im Ruhrgebiet unter der Erde wohnen sollen. Inges Erfahrung als Kinderbuchautorin und meine Kenntnisse im Bergbau – das müsste doch funktionieren. Ich habe damals aber erst nicht daran geglaubt, dass ich auch für Kinder schreiben könnte. Bis Inge mir einen Entwurf des ersten Kapitels zumailte und ich sofort Lust bekam, daran weiterzuschreiben. Und so entstand nach und nach der Roman.

TB: War der Beruf schon immer eine mögliche Option für dich? Oder wolltest du eigentlich nichts vom Autorendasein wissen?

AK: Nein, der war keine Option für mich. Ich wollte definitiv einen anderen Beruf ergreifen als meine Mutter. Außerdem war ich keins von den Kindern, die ständig Gedichte oder Geschichten verfassen (obwohl ich sehr gern Briefe und Tagebuch schrieb und mir Aufsätze in der Schule meistens auch leicht von der Hand gingen).

TB: Schreibst du auch andere Bücher? Beispielsweise Romane für eine andere Zielgruppe?

AK: Ganze Bücher für andere Zielgruppen habe ich bisher nicht verfasst. Aber ich habe mehrere Kurzgeschichten für Erwachsene geschrieben, von denen immerhin drei auch schon veröffentlicht sind.

TB: Hast du selbst Kinder? Wenn ja, inwiefern hilft dir das beim Schreiben guter Kindergeschichten?

AK: Ich habe Kinder und das hilft mir sehr beim Schreiben. Weil ich sofort testen kann, ob Ton und Sprache funktionieren. Weil ich sehe, woran sie interessiert sind. Weil ich durch sie ständig selbst auf Kinderliteratur gestoßen werde. Und natürlich, weil sie mich inspirieren (auch wenn ich ihre Erlebnisse nicht zu Buchideen umforme).

TB: Und worauf sollte man achten, wenn man für sie schreiben möchte?

AK: Wenn man bereits eine Idee skizziert hat, sollte man sich auch recht bald überlegen, was man eigentlich schreiben will. Den Text für ein Bilderbuch? Ein Erstleserbuch? Einen Kinderroman? Diese Textarten sind sehr unterschiedlich und nicht jede Geschichte eignet sich für jedes Format.

TB: Sicher ist es hier auch wichtig, das genaue (Lese-)Alter der Kinder einzugrenzen, stimmt’s?

AK: Ja, das ist sehr wichtig. Kinder sollte man nicht zu sehr über- oder unterfordern, denn sonst verlieren sie schnell das Interesse. Übrigens sollten die Hauptfiguren im Buch in der Regel ein bis zwei Jahre älter sein als die Leser. Kinder orientieren sich gern nach oben.

TB: Und was sollte man bei Kinderbüchern sprachlich beachten?

AK: Bei den Erstlesebüchern sollten die benutzten Wörter nicht zu schwer sein. Also fallen die meisten zusammengesetzten Wörter schon mal weg. Auch Fremdwörter und Anglizismen haben hier eigentlich nichts zu suchen – Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Sätze sollten einfach konstruiert und nicht zu lang sein. Je nach Lesestufe darf der Schwierigkeitsgrad natürlich erhöht werden. Je älter die Leser sind, desto anspruchsvoller kann die Sprache sein. Lesen soll schließlich – ganz nebenbei – auch die Sprachkompetenz fördern und den Wortschatz erweitern! Ich persönlich bin aber ein Freund von einfachen, prägnanten Sätzen. Vorsicht beim Nachahmen von Kinder- oder Jugendsprache: Das ist eine Gratwanderung. Altertümliche Begriffe wie »Lausbub« oder »Schlingel« sollte man sich aber auch verkneifen.

TB: Gibt es inhaltliche/thematische Einschränkungen (abgesehen vom Offensichtlichen wie Erotik und Gewaltverherrlichung)?

AK: Eigentlich nicht. Ich denke, dass Kindern durchaus auch »schwere« Themen wie Krieg, Tod, Trennung zugemutet werden können. Kinder entscheiden selbst, ob sie sich mit solchen Büchern beschäftigen wollen oder nicht. Für Erstlesebücher würde ich solche Themen allerdings nur bedingt empfehlen.

TB: Gerade sind deine Bücher »Lara und die freche Elfe. Auf dem Ponyhof« und »Mein Freund, der Superheld« erschienen. Worum geht es in den Büchern?

AK: »Lara und die freche Elfe. Auf dem Ponyhof« ist bereits der dritte Band um Lara und ihre Elfenfreundin Fritzi. Fritzi habe ich erfunden, weil mir all die süßen, sanften Blumenelfen in den Erstlesebüchern auf die Nerven gingen. Lara liebt pink und ist ein richtiges Klischeemädchen. Fritzi dagegen ist ein bisschen wild und frech und kitzelt das auch bei Lara heraus. Als die beiden zusammen einen Bauernhof besuchen, will Lara natürlich – ganz Mädchen – unbedingt auf dem Pony reiten. Stattdessen toben die beiden im Heu, striegeln Ziegen und haben jede Menge Spaß.

»Mein Freund, der Superheld« richtet sich an Leseanfänger, die schon ein bisschen Leseerfahrung haben. Lenny ist ein ganz normaler Junge, der ganz aufgeregt ist, als er Falk kennenlernt. Falk behauptet, ein Superheld zu sein und erzählt die abenteuerlichsten Geschichten. Da kommen Lenny allmählich Zweifel. Ist Falk ein Lügner? Oder ist er einfach nur auf der Suche nach einem Freund?

Letztlich geht es in beiden Büchern um Freundschaft.

TB: Über welche Themen würdest du sonst gerne einmal für Kinder (und/oder Erwachsene) schreiben?

AK: Das Thema Freundschaft ist so wichtig für Kinder, dass ich sicher noch mehr darüber schreiben werde. Über die Liebe würde ich auch gerne mal schreiben. Aber das wird dann bestimmt kein klassischer Liebesroman.

TB: Hast du bereits ein neues Projekt in Planung? Falls ja, verrätst du uns das Thema?

AK: Ich habe gleich mehrere Projekte in Planung. Eins ist schon relativ konkret. Aber noch ganz geheim!

TB: Jetzt machst du mich neugierig! Aber Geheimnisse soll man ja bekanntlich nicht verraten. Hast du stattdessen noch einen essentiellen Tipp für angehende Kinderbuchautoren?

AK: Ich habe gleich drei: Beobachtet Kinder, hört ihnen zu – egal ob es die eigenen oder die der Geschwister und Freunde sind. Lest Kinderliteratur. Und vor allem: Schreibt nicht von oben herab.

TB: Vielen Dank, liebe Anja, für die vielen, guten Tipps von dir. Leider sind wir bereits am Ende des Interviews angelangt. Gibt es etwas, das ich vergessen habe? Möchtest du noch etwas hinzufügen?

AK: Wer sein Buch bei einem Verlag veröffentlichen will, sollte sich vor Kontaktaufnahme intensiv mit den jeweiligen Programmen auseinandersetzen. Das gilt für Kinderbuchautoren mindestens genauso wie für »Erwachsenenbuchautoren«. Welche Segmente deckt der Verlag ab? Welche Altersstufen werden bedient? Außerdem sollte sich jeder Autor klarmachen: Für Kinder zu schreiben ist mindestens genauso schwer wie für Erwachsene zu schreiben.

TB: Ich danke dir für diesen hochinteressanten Einblick und die vielen Tipps rund ums Schreiben für Kinder. Ich wünsche dir alles Gute und weiterhin viel Erfolg beim Schreiben. Wer weiß, vielleicht bekommen wir ja bald sogar eine Liebesgeschichte von dir zu lesen?

Wenn ihr mehr über Anja und ihre Arbeit erfahren möchtet, dann schaut auf ihrer Autorenwebsite vorbei.

Eure Verena


Lifestyle, Persönliches

Warum ich meine Schreibziele für 2017 bereits im Februar völlig neu setze

Februar 4, 2017 • von

Heute gibt es einen etwas anderen Blogbeitrag von mir. Eigentlich hatte ich vor, im Februar das Projekt #Autorenwahnsinn aus meiner Sicht für euch zusammenzufassen, da es mir sehr viel Spaß gemacht hat, daran teilzunehmen. Doch seit einigen Tagen quält mich ein Gedanke und drängt sich immer weiter in den Vordergrund, sodass ich ihn nicht mehr ignorieren kann. Es geht um Druck. Druck, den ich mir selber mache und der mich bereits nach wenigen Wochen so ankotzt, dass ich etwas unternehmen muss. Deshalb habe ich beschlossen, den Druck zu reduzieren.

Worum geht es eigentlich?

Damit ihr versteht, was ich meine und worum es geht, muss ich ganz kurz ausholen. Für das Jahr 2017 hatte ich mir Ziele gesetzt. Realistische und einfache Ziele, wie ich glaubte. Welche Ziele das im Einzelnen waren, tut hier nichts zur Sache. Nur so viel: Sie hatten alle mit dem Schreiben zu tun.
Was ist also passiert? Bereits nach diesen wenigen Wochen, die das neue Jahr nun alt ist, habe ich gemerkt, dass es mir nicht möglich sein wird, alle meine mir gesteckten Ziele zu erreichen. Mein Schreibplan, den ich mir voller Elan an die Wand gepinnt hatte, war plötzlich kein Plan mehr, sondern eine Falle. Diese Woche war es besonders schlimm, denn mit jedem Tag, an dem ich (mal wieder) kein einziges Wort schrieb, wurde das Seil, das ich mir selbst um den Hals gelegt zu haben schien, enger. Es schnürte mir regelrecht die Luft ab. Ich fing an, Ausreden für das Nichtschreiben zu finden. Heute war es auf der Arbeit so anstrengend. Heute geht es mir nicht so gut. Heute bin ich zu müde.

Die Wahrheit ist: Es ging mir wirklich nicht gut. (Mal abgesehen von dem Schnupfen, den ich hatte.) Doch der einzige Grund dafür war der Druck, den ich mir mit dem Setzen meiner Schreibziele gemacht hatte. Normalerweise kann ich sehr gut mit Druck umgehen. Druck ist wie ein Motor für mich, der alles am Laufen hält. Ein bisschen Druck stört mich auch nicht. Normalerweise ist der Druck, den ich bekomme, aber von außen produziert. Und der Druck von außen nimmt nach einer gewissen Zeit auch wieder ab, wenn ich beispielsweise eine Aufgabe erledigt habe. Dann stellt sich ein Hochgefühl ein und ich bin motiviert, weiterhin so gute Arbeit zu leisten.

Innerer Druck ist eine ganz andere Sache. Innerer Druck nimmt nicht so leicht ab. Die Gedanken kreisen ständig darum. Du musst noch …! Du hast dir vorgenommen …! Schau dir deinen Plan an, dann siehst du, dass du es niemals schaffen wirst! Meine innere Stimme begann, sich mit dem Plan an meiner Wand zu verbünden. Gemeinsam fingen sie an, mich zu verhöhnen und zu mobben. Und mit jedem Tag, an dem ich keine geschriebene Wortzahl eintragen konnte, wurde es schlimmer.

Mal ehrlich, so soll das jetzt das ganze Jahr weitergehen? Noch 11 Monate? Keine Chance! Ich zog die Reißleine. Und soll ich euch was sagen? Den Plan von der Wand zu nehmen, hat sich so gut angefühlt. Der ganze innere Druck ist sofort von mir abgefallen.

Ab jetzt heißt mein einziges Ziel: Schreib, wann immer du Lust dazu hast. Wenn dabei eine Geschichte rumkommt, super. Wenn es viele Geschichten werden, auch gut. Wichtig ist, das Schreiben an sich nicht aufzugeben. Weiter Spaß daran zu haben, ohne den Druck eine bestimmte Wortzahl tippen zu müssen. Denn sind wir mal ehrlich: 500 gut geschriebene, mit Spaß und Elan verfasste Worte sind tausendmal besser als 1500 grottige Worte, die spätestens in der Korrekturphase wieder aus einer Geschichte rausfliegen. Da schreibe ich lieber wenig, aber gut. Im Gegensatz zu viel, aber scheiße.

An alle, die jetzt empört aufschreien: Aber Ziele setzen ist wichtig! Da gebe ich euch vollkommen Recht. Ziele sind wichtig. Doch sie sind nur so lange gut, wie man sie mit dem eigenen Gewissen und Leben vereinbaren kann. Ich habe meine Ziele ja auch nicht komplett aufgegeben. Ich habe sie nur auf ein für mich machbares Maß reduziert.

Das Ganze hatte schließlich auch etwas Gutes und hat mir gezeigt, dass ich meine Ziele in Zukunft anders setzen muss. Nicht die Quantität meiner Schreibarbeit ist wichtig. Die Wortzahl ist völlig irrelevant, wenn die Qualität am Ende darunter leidet. Wem es hilft, sich als Ziel eine bestimmte Anzahl an geschriebenen Worten pro Tag zu setzen, bitte schön. Für mich ist es jedoch nichts, zumindest auf ein komplettes Jahr gesehen. Das habe ich daraus gelernt. Bei kurzfristigen Zielen sieht das natürlich anders aus. Wenn ich eine Deadline habe, die beispielsweise in zwei Monaten endet, dann weiß ich, dass ich bis dahin viel arbeiten muss. Danach ist es aber dann auch wieder gut. Danach kann ich mich etwas ausruhen, die Batterien wieder aufladen, bevor die nächste Aufgabe ansteht. Und genau das mache ich jetzt.

Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr euch auch Ziele gesetzt, von denen ihr bereits jetzt schon wisst, dass ihr sie wahrscheinlich nicht erreichen könnt? Wie geht ihr damit um?

Ich freue mich, von euch zu hören.

Eure Verena